Wer hat Joh. Jacobina und ihre Mutter verhungern lassen

am 27.05.1735 starb in Hoffenheim das uneheliche Kind Johanna Jacobina Friedel nachdem man ihm wie zuvor der Mutter "gewaltsam Nahrungsmittel entzogen" hatte. Im letzten Satz heißt es: ... daher aus Mangel d. boshaftig ???, die das Geld einbehalten, hat sterben müssen.
Was bedeutet das linke untere Wort, hat jemand eine Idee?

Vielen Dank für Eure Mithilfe
 
Man hat wohl nur der Mutter mit Gewalt Lebensmittel entzogen, das Kind starb durch nicht geleistete Unterhaltszahlungen, daher war es
"auch Mangel der boßhafftigen Väeterl. Klopfer, die das Geld einbehalten",
warum das Kind sterben musste.
Mehr kann ich leider nicht helfen, denn so lese ich es. Unter den väterlichen Klopfern kann ich mir einiges vorstellen; im Englischen gibt es z. B. den gefürchteten "rubber knocker man", der zum Geldeintreiben an die Haustür klopft, aber ob es den auch im Badischen gab?
Zitat aus dem Film "Happy-go-lucky": "I see him over there, he`s rubbing his knockers", ein Witz, der sich nicht gut ins Deutsche übersetzen lässt.
Vielleicht konnte ich ja dennoch helfen und keine falschen Spuren legen,
Rainer
 
Vielen Dank, das ist eine interessante Fährte. Dieser "väterliche Klopfer" könnte tatsächlich eine Art eingesetzter Vormund sein, der die Unterhaltszahlung sicherstellen und an das Kind weiterleiten sollte.
Vielleicht kennt jemand ähnliche Fälle in der Vergangenheit, in denen der Unterhalt durch Dritte eingezogen und "verwaltet" wurde? Wie wurden diese genannt?

Nochmals vielen Dank
 
Ich meinte eher, dass es sich bei den "Klopfern" um Schuldeneintreiber gehandelt haben könnte, die beim Vater darauf gepocht haben, dass er zuerst seine Schulden bei ihnen bezahlt, sodass für die Unterhaltszahlungen nichts mehr übrig blieb.
Ich nehme an, dass zu jener Zeit nicht wirklich rechtliche Möglichkeiten für die arme Frau zur Verfügung standen, ihre Ansprüche einzuklagen, zumal bei dem Vater auch durch die Boshaftigkeit seiner Schuldner nichts zu holen war.
Armenkassen gab es erst im 19. Jahrhundert und es ist kein Wunder, dass Kindsmord das Thema in der deutschen Literatur am Ende des 18. Jahrhunderts war. Mir sind Fälle aus späterer Zeit bekannt, wo Mütter unehelicher Kinder völlig mittellos dastanden und auch die Wohnung gekündigt bekamen. Die Sterblichkeit bei unehelichen Kindern lag auch im 19. Jahrhundert noch weit über dem Durchschnitt.
Gruß,
Rainer
 
http://www.archion.de/p/a4e7729372/

Vielen Dank, das macht Sinn.Der Vater des Mädchens, Ludwig, hatte vier Jahre zuvor wieder geheiratet und seine Spur verliert sich dann. Vielleicht waren deshalb die "väterlichen Schuldeneintreiber" erfolglos und konnten die ausgemachten Zahlungenvon 12 R pro Jahr nicht eintreiben. Doch vielleicht ist der ob. Link der Schlüssel zur Antwort. Das ist der Beerdigungseintrag der Mutter, welche fünf Monate zuvor gestorben war. Ich lese dies so: Diese Frau ob sie schon Mittel, sowohl wegen ihres letzten mit Friedel außerehelich gezeugten Kindes als auch wegen ihres totgekommenen Mannes hinterlassenen Kindes gestohlen hatte, hat man gleichwohl weil alle ihre Kinder waren Sünde gewesen, ........., dass sie elendiglich ob Mangel hat krepieren und sterben müssen“. Ich lese diese beiden Worte als (Gott abgeneiget)und liege eventuell auch hier falsch.
Nochmals vielen Dank für die Mühe
Jürgen
 
Nicht immer so schlecht von den Menschen denken!
Ich glaube, sie hat nicht gestohlen, ihre Kinder waren keine Sünde und sie war auch nicht Gott abgeneigt. Der Vater hätte vielleicht seiner Unterhaltspflicht nachkommen wollen, wenn seine "Klopfer" ihm nicht das Geld abgeknöpft hätten. Gut, an seiner Verschuldung wird er wahrscheinlich selber schuld gewesen sein, wie das Wort schon sagt, aber das wissen wir nicht definitiv.
Definitiv kann ich auch nicht alles entziffern, doch die Worte "gestohlen hatte" sehen eher wie "...habt hätte" aus, wobei der Anfang nicht wie "ge", sondern wie "est" aussieht, was aber keinen Sinn ergibt; "gehabt hätte" wäre da besser, doch anscheinend hat der Schreiber ein etwas anderes Wort verwendet.
Statt "waren Sünde" steht dort "wahren krank", das zuviele "h" schreibe ich auch dem Schreiber zu, der wohl kein Sprachgenie war.
Dann steht dort ein Kürzel, dass ich nicht entschlüsseln kann, aber nicht für "Gott" halte, und "abgereichet", was ich auch dem nach Ausdruck ringenden und oft fehlgreifenden Autor dieser Zeilen zuschreibe.
Ich halte meine Erklärungen aber für hinreichend oder auch abreichend, auch wenn ich nicht alles genau lesen kann.
Wie ich schon sagte, mich erschüttert es immer wieder, in welcher Not sich Menschen früher befunden haben. Wenn diese Frau tatsächlich gestohlen hätte, hätten sie und ihre Kinder vielleicht noch etwas länger leben können.
Gruß,
Rainer
 
Gut, meine Interpretation ist sicher auch den vielen negativen Schilderungen der damaligen Zeit geschuldet. Vielen Dank für die Hinweise, vielleicht finde ich in den KB doch noch den Schlüssel zu der Geschichte.
Ich wünsche weiterhin viel Freude beim Lesen der Schriften
nochmals vielen Dank
Jürgen
 
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