Sterbeeintrag 1945 Erfurt

Hallo lieber Helfer,

https://www.archion.de/p/1d6406ba4c/
hier findet sich ein Sterbeeintrag, der für mich schwer zu entziffern ist. In der Familie wurde kolportiert, er sei nach dem Krieg als ehemaliger deutscher Offizier von russischen Soldaten gefangen genommen worden und in deren Gefangenschaft gestorben. Nun finde ich heute seinen Sterbeeintrag. Und wüsste gern Näheres über die Umstände. Leider kann ich nicht alles lesen. Kann jemand helfen?
Ich lese, dass er am 05.091945 verhaftet wurde und am 31.10. oder 01.11.1945 an Erschöpfung starb auf dem Transport vom Lager Kriwoli ins Lazareth Tiflis.

Ratlose Grüße, Padme
 
Vielen Dank Euch allen! Mit Lager 'Kriwoli' konnte Tante Gugel nichts anfangen. Aber in obiger Liste gibt es mehrere Lager in Kriwoj-Rog. Das ist eine Großstadt in der heutigen Ukraine. Von dort liegt tatsächlich Kutaissi auf der Strecke nach Tiflis. Insgesamt sind es 1.800 km.
Es bleibt die Frage nach dem Sinn: Warum verhaftet man einen 70jährigen Mann (Offizier hin oder her) in Erfurt, um ihn über die Ukraine und Kutaissi nach Tiflis zu bringen? Doch nicht nur für ein Verhör? Was mich ebenso erstaunt ist, dass die Angehörigen so schnell von seinem Tod erfahren haben, und so am Tag seiner Bestattung eine Trauerfeier in Erfurt durchführen konnten.
Diese Fragen werden wohl unbeantwortet bleiben, aber ich danke Euch allen sehr, dass Ihr dabei geholfen habt, dieses Rätsel zu lösen.
 
Warum verhaftet man einen 70jährigen Mann (Offizier hin oder her) in Erfurt, um ihn über die Ukraine und Kutaissi nach Tiflis zu bringen? Doch nicht nur für ein Verhör? Was mich ebenso erstaunt ist, dass die Angehörigen so schnell von seinem Tod erfahren haben, und so am Tag seiner Bestattung eine Trauerfeier in Erfurt durchführen konnten.

Ich möchte meine Gedanken ergänzen:

Ich würde annehmen, daß er sich am Kriegsende mit seiner Einheit als Soldat / Officier im besagten Gebiet befunden hat.
Er geriet nicht sofort in Kriegsgefangenschaft, sondern wurde vielmehr irgendwo in diesem Gebiet im September 1945 auf dem Rückweg nach Hause verhaftet.
Gestorben ist er dann leider Ende Oktober / Anfang November 1945 an Erschöpfung als Kriegsgefangener auf dem Transport ins Lazarat in Tiflis und wurde dort auch begraben.

Der (nachrichtliche und nachträgliche) Eintrag im o.a. Kirchenbuch erfolgte in "zeitlicher Reihe" des Monats Oktober 1946(!) - sprich: nachdem die Familie daheim vom Tode Information erhalten hatte.

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Diese Gedanken erübrigen sich selbstverständlich, wenn z.B. die personenbezogene Auskunft der ehemaligen WAST / heute angesiedelt beim Bundesarchiv etwas Anderes belegt.

 
Vielen Dank für Deine weiteren Gedanken. Ja, das könnte natürlich auch sein. Für einen weiteren militärischen Einsatz spricht, dass er in der Familie als Major bekannt war (und so habe ich ihn 1936 auch im Adressbuch gefunden), er im Sterbeeintrag aber als ranghöherer Oberstleutnant benannt wird.
Und ja, er starb 1945, die Trauerfeier samt 'Sterbe'-Eintrag fand 1946 statt. Zeit ist relativ, ich empfinde ein Jahr trotzdem als schnell. Ich kenne familiäre Fälle, wo die Familie über den Tod gar nicht informiert wurde und 1950 ein Toderklärungsverfahren startete (Beschluss 1953) und heute übers Internet kommt heraus, er starb viel früher, nämlich am 02.12.1945 in einem NKWD Lager. Oder wo eine andere Familie erst 1949 über eine Gefangenschaft informiert wurde, 1954 nach einer eidesstattlichen Erklärung eines Mitgefangenen Ansprüche hinsichtlich einer Rente für die Verbliebenen durchgesetzt werden konnten, und er starb bereits am 07.06.1946 in russ. Gefangenschaft. Vor dem Hintergrund ist die Gewissheit über den Tod nach einem Jahr immer noch schrecklich, aber relativ schnell.
 
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