Seltsame Trauung

Seien Sie mir bitte nicht böse, aber diese Art der Vorgehensweise produziert zwar "viel Traffic", "manche Vermutungen", ist aber nur bedingt / wenn überhaupt zielführend. Zudem geht der notwendige Überblick so langsam aber sicher den berühmten "Bach herunter".

@jacky321

Sie
sollten bitte einen bestmöglichen (heißt: bitte Zeit nehmen - keine "Schnellschüsse" / Schrift vergleichen mit anderen desselben Schreibers etc.), zeilengetreuen Leseversuch des kompletten Textes hier einstellen.
(Offensichtlich befassen Sie sich ja mit dem Text bereits im Detail, was sehr schön ist.)

Dann können andere Hilfwillige lesen, vergleichen, ergänzen, berichtigen etc.
 
Auf der nächsten Seite etwa Zeile 8 da steht: "Die Braut möchte von ihme schwanger sein worden" und Zeile 10 dann sowas wie "dem Kind solches nicht nachtheilig sein möchte, solte ihe? beide vorm Altar zusammen capulirn"

Das mit Ansetzung verstehe ich auch noch nicht ganz. Vielleicht heißt es auch Anfetzung oder Anhetzung?! Vielleicht hat die Mutter ihn in die Flucht geschlagen weil sie sauer auf ihn war.
 
@vnagel2004

Absolut guter Hinweis. Das bis hier durch die vielseitige Hilfe Zusammengetragene ist sehr nützlich und ich sehe es als gute Grundlage für einen zeilengetreuen Leseversuch des ganzen Textes.
 
Hallo, ein Anfang haben wir ja unter #3 !! Wie machen wir es mit dem Text? nicht das Jeder den neu schreibt und die vielen Änderungen übersichtlich bleiben?

Gruß Rainer
 
@Schleuse

Ich schlage vor, dem Vorschlag von Vera zu folgen. Jacky321 erstellt den Text , nun unter Zuhilfenahme der diversen Erkenntnisse. Danach geht es ans Ergänzen und Korrigieren.

Für die Geburt am 21.01. hab ich doch mal die früher übliche „ Schwangerschaftsscheibe“ bemüht. Demnach wäre bei einer Geburt zum Termin das Kind zwischen dem 25. und 30.4. gezeugt worden. Also nach der Eheschließung. Demnach wäre die Frau vorher nicht schwanger gewesen.

Schönen Abend wünscht Henriette
 
Den 4 Aprilis ist ehlich eingeleibet worden, Martin Öed, ein

Klingenschmidtgesel, Hansen Öedens Sohn alhier, mit Barbara

Matts Winters Thochter alhier, aber der gestalt, nachdem die reden

ein Schwang gangen, dz er aus anfetzung(anhetzung?) seiner Mutter wurde

flüchtigen fuß setzen, haben seiner dazumal vertrauten freund-

schafft begert, man sölte(?) ihn wo man ihn antreffen wurde, ge-

fanglichen einzihen, sonderlich weil die Vermutung gewest, er

möchte trielos werden, wie sein Vatter und Anher gethan,

da er nun in seiner Mutter hauß gewest, hat ihn der Markt?

Richter
, nach dem er toll und voll gewest, mit seinen Scharknecht?

angetast, unangeschen? er lauffen? Willen ___ er ihn ant__?

er wolle gern und willig hingehen, wo er ihn werde hinweisen,

haben weder gute noch böse Wort helfen wöllen , sondern _

in seiner Mutter Stuben mit blosser Wehr[eine Waffe] uber dem Kopf

geschmissen, nochmal ihn dermassen mit dem Knopff seiner

Wehr uber den Rücken, auf den Halß geschmissen, dz er darüber

in grosse Kranckheit gefallen, da ihne die schwere Kranck_

etlich mal getroffen, nochmals ihn getröschet, mit blosser

Wehr neben ihne hingangen, da er ihn nun ins Bietels [Büttels] Hauß

gebracht, ihn mit Zweigen? Ketten in den Thurm[Gefängnis] lassen ?

darinnen er etliche Stunden nackt und bloß gelegen, weil er

ihne dz gewand vom Halß herab gerissen, da ihn dann aber

die schwere Kranckheiten heftig zugesetzt, und wie man sagt, er

noch eine viertel Stunde war gelegen, dz er hatte sterben ??

vom Thurm ist er wieder mit Ketten in deß Bietels Stuben

gefürt worden, da ihn dann abermal die schwere Kranckheit heftig

zugesetzt, dz er zum drittenmal todt gesagt worden, ___ aber ge-

melter? Richter, sich verlauden?
lassen, was er darnach frage, er sol

sterben? oder sols lassen
, des andern tags, weil er dreimal

verkündigt? worden, gemög der Brandenburgischen Kirchen Ordnung, haben

beenden seine [oder: beider Seite]? Freundschafft an? nich begert, weil die Beisorg war

die Braut möchte von ihme schwanger sein worden, und dazu auch

seines Lebens halber genüge? Hoffnung , damit darnach

dem Kind solches nicht nachtheilig sein möchte, solte ihr beede vorm?

Altar zusamen capulirn , da man in nun aff einer banck

in die kirchen getragen, hab ich ihne vorher zum offternmal?

___ Bürger? zu Wendelstein gefragt, ob er seine ver-

traute wolle ehlichen, hat er mir alzeit so vil antzeigen gegeben,

ja er begere es, darauf hab ich sie beede vorm altar und

Kirchen zusammen gebite?, hat aber nicht steen können, sondern

müssen sitzen, ist auch zum ofternmal gelaben(?) und mit

Wassern angestrichen worden, von dannen ist er in einem

Backdrogk wieder aus der Kirchen getragen worden, in seines

Meisters, Hansen Wagners uffen Berg behaussung. Dabei

ist gewest, Michael Niedermaier, Friemesser zur W. Nicolay

Winter, Hanß Wagner, Hanß Winter, Nicolauß Weis, Hanß

Speel, Christoff Rösch, Georg Peeschz, Veit Schmidt, alle zu

Wendelstein wonhaft, und andrer vil merh. Des andern

tags, da man den Bader zu ihme geholt, bin ich auch neben

andern, als Hanß Reinl, Steffan Steuber, Conrad Fusel,

Michael Rösch, zue ihme gesonderd worden, den schaden zu besichtigen,

haben wir alle gesehen, und geben Zeugniß, dz er ihme uff

der lincken seiten, das schulderblat alles zerschmettert, am

halß vil knöcklein, die er ihme mit dem knopff der wehr

gestossen, andrer vil blaue malzeichen, den lincken arm

vol? zerschlagen, dz er ihn nicht kan aufheben, sehr, ge-

schwollen, das? die lincke seiten, so wol auch d hentz, Gott

wende es zum besten, und wene? tück? man machte es mit

diesem unruigen? Kopff anderst, und die heerschaft thete

ein anders einsehen machen, sondemal? er diesem jungen

knabe? nicht nur allein als mitgefahren, sondern er thats

alten? bürgern, auch fremtden personen, und ?mit? solchen

hochmuth, der mit worten nicht auszusprechen ist.
 
Den 4 Aprilis ist ehlich eingeleitet worden, Martin Öedt, ein
Klingenschmidtgesell, Hansen Öedens Sohn alhier, mit Barbara
Mattes Winters Thochter alhier, aber der gestalt, nachdem die reden
ein Schwang gangen, dz er aus anfetzung(anhetzung?) seiner Mutter würde
flüchtigen fuß setzen, haben seiner dazumal vertrauten freund-
schafft begert, man sölte(?) ihn wo man ihn antreffen wurde, ge-
fenglichen einzihen, sonderlich weil die Vermutung gewest, er
möchte trieloß werden, wie sein Vatter und Anher gethan,
da er nun in seiner Mutter hauß gewest, hat ihn der Markt?
Richter, nach dem er toll und voll gewest, mit seinen Scharknecht?
angetast, unangesehen er lauffen Willen warumb er ihn antast
er wolle gern und willig hingehen, wo er ihn werde hinweisen,
haben weder gute noch böse Wort helfen wöllen , sondern _
in seiner Mutter Stuben mit blosser Wehr[eine Waffe] uber dem Kopf
geschmissen, nochmal ihn dermassen mit dem Knopff seiner
Wehr uber den Rücken, auf den Halß geschmissen, dz er darüber
in grosse Kranckheit gefallen, da ihne die schwere Kranckh[eit]
etlich mal geworffen, nochmals ihn getröschet, mit blosser
Wehr neben ihne hingangen, da er ihn nun ins Bietels [Büttels] Hauß
gebracht, ihn mit Zweÿen Ketten in den Thurm[Gefängnis] lassen füren(?)
darinnen er etliche Stunden nackt und bloß gelegen, weil er
ihme dz gewand vom Halß herab gerissen, da ihn dann aber
die schwere Kranckheiten heftig zugesetzt, und wie man sagt, er
noch eine viertel Stunde war gelegen, dz er hatte sterben müssen(?)
-
vom Thurm ist er wieder mit Ketten in deß Bietels Stuben
gefürt worden, da ihn dann abermal die schwere Kranckheit heftig
zugesetzt, dz er zum drittenmal todt gesagt worden, ___ aber ge-
melter Richter, sich verlauden lassen, was er darnach frage, er sol
sterben oder sols lassen, des andern tags, weil er dreÿmal
verkündigt worden, vermög der Brandenburgischen Kirchen Ordnung, haben
beeder seits Freundschafft an? nich begert, weil die Beisorg war
die Braut möchte von ihme schwanger sein worden, und dazu auch
seines Lebens halber geringe Hoffnung , damit darnach das Kind
dem Kind solches nicht nachtheilig sein möchte, solte ihr beede vorm?
Altar zusamen copulirn , da man in nun uff einer banck
in die kirchen getragen, hab ich ihne vorhero zum offternmal
(eingeschoben: in beÿsein)
viler
Bürger Bürger zu Wendenstein gefragt, ob er seine ver-
traute wolle ehlichen, hat er mir alzeit so vil antzeigen gegeben,
ja er begere es, darauf hab ich sie beede vorm altar in der
Kirchen zusammen geben?, hat aber nicht steen können, sondern
müssen sitzen, ist auch zum ofternmal gelaben(?) und mit
Wassern angestrichen worden, von dannen ist er in einem
Backdrogk wieder aus der Kirchen getragen worden, in seines
Meisters, Hansen Wagners uffm Berg behaussung. Dabei
ist gewest, Michael Hindermaier, Friemesser zur W. Nicola
Winter, Hanß Wagner, Hanß Winter, Nicolauß Weis, Hanß
Sperl, Christoff Rösch, Jeorg Peeschz, Veit Schmidt, alle zu
Wendenstein wonhaft, und andrer vil merh. Des andern
tags, da man den Bader zu ihme geholt, bin ich auch neben
andern, als Hanß Reinl, Steffan Steuber, Conrad Fusel,
Michael Rösch, zue ihme gefordert worden, den schaden zu besichtigen,
haben wir alle gesehen, und geben Zeugniß, dz er ihme uff
der lincken seiten, das schulderblat alles zerschmettert, am
halß vil knöcklein, die er ihme mit dem knopff der wehr
gestossen, andrer vil blaue malzeichen, den lincken arm
vol? zerschlagen, dz er ihn nicht kan aufheben, sehr, ge-
-
schwollen, daß die lincke seiten, so wol auch dz hertz, Gott
wende es zum besten, und wene? tück? man machte es mit
diesem unruigen? Kopff anderst, und die herrschaft thete
ein anders einsehen machen, sintemal er Disem Jungen
Kerls nicht nur allein als mitgefahren, sondern er thats
alten? bürgern, auch frembden personen, und ?mit? solchen
hochmuth, der mit worten nicht auszusprechen ist.
 
Selbstverständlich auch an Sie einen Dank, daß Sie sich im schönen Detail mit dem für Sie relevanten Text befaßt haben. (y)

Begriffe wie: Wehr oder Büttelhaus haben Sie sicherlich bereits aufgelöst, richtig?

Ja diese Begriffe habe ich schon aufgelöst.

So langsam wird es etwas klarer dank der Hilfe von allen!

Folgende Punkte sind mir noch nicht ganz klar. Wenn dazu jemand Ideen hat, wäre das noch spannend:
  1. Wer war betrunken: Martin Oedt oder der wütende Richter?
  2. Was hat es mit diesem Satz auf sich: "aber ge-melter Richter, sich verlauden lassen, was er darnach frage, er sol
    sterben oder sols lassen
    "
  3. Was hat es mit der Brandenburgischen Kirchen Ordnung und dieser beeder Seits Freundschafft auf sich?
 
3. Was hat es mit der Brandenburgischen Kirchen Ordnung und dieser beeder Seits Freundschafft auf sich?

Absatz "Mittelalter und Frühe Neuzeit" > .....Das Hochgericht übte das brandenburg-ansbachische Richteramt Wendelstein aus.... <

...und ferner: https://de.wikipedia.org/wiki/Fürstentum_Ansbach

Brandenburgische Kirchenordung wegen entsprechender politischer Zugehörigkeit

----------

Das Paar war zunächst 3mal verkündigt = aufgeboten worden, und beiderseitige Freunde/Bekannte haben keine Einwände gegen diese Ehe geltend gemacht (begeht).... dann hat es der Pfarrer copuliret.

-----------

PS: Es muß übrigens .... Anhetzung seiner Mutter.... heißen.
 
2 Was hat es mit diesem Satz auf sich: "aber ge-melter Richter, sich verlauden lassen, was er darnach frage, er sol
sterben oder sols lassen
"

Der besagte Richter (Scharfrichter) hat gesagt / hat verlauten lassen, es interessiere ihn wenig / er frage nicht danach, ob der Delinquent nun stirbt oder nicht stirbt (der Delinquent soll es tun, oder soll es lassen).
 
Folgende Punkte sind mir noch nicht ganz klar. Wenn dazu jemand Ideen hat, wäre das noch spannend:
  1. Wer war betrunken: Martin Oedt oder der wütende Richter?

Aus dem Zusammenhang würde ich ableiten, daß es der Richter / Scharfrichter gewesen ist.

Insbesondere weil Oedt wohl nachfragt, warum man ihn "angetastet" hat, er keine Anzeichen macht weglaufen zu wollen und er sagt er woll willig hingehen, wohin man ihm sagt / weist.

"nachdem" heißt an dieser Stelle: weil nicht danach/später

Und es läuft auch kein Jurist/Richter mit einer Wehr / einer Langwaffe/Schwert mit Knauf "durch die Gegend" und nimmt Gefangensetzungen vor, sondern vielmehr ein Scharfrichter.

Auf den Plan gerufen wurde der Scharfrichter, weil Freunde/Bekannte (Freundschaft) des Oedt, befördert durch die Angaben der Mutter des Oedt, dafür plädiert haben, man solle in gefangen setzten, "um ihn zur Vernunft zu bringen".
 
Hier noch eine andere Variante:

da er nun in seiner Mutter hauß gewest, hat ihn der Markgr.[äfliche]
Richter, nach dem er toll und voll gewest, mit seinen Scherchen
angetast, unangesehen er wissen wölle warumb er ihn antast
er wolle gern und willig hingehen, wo er ihn werde hinweisen,

Scherchen wäre hier eine mundartliche Form von Schergen, also Handlangern, Gehilfen

Gruß
Hanna

und dann noch:

schwollen, clagt die lincke seiten, so wol auch dz hertz, Gott
wende es zum besten, und wene? wöl man mehr es mit
diesem unruigen Kopff anderst,
 
Noch eine Anmerkung:
Die "Freundschaft" einer Person in Franken sind nicht nur die Freunde im heutigen Sprachgebrauch. Der Begriff kann durchaus weiter gefasst werden und bezieht auch die Verwandtschaft und/oder die Nachbarschaft mit ein.
Gruß
Hanna
 
Noch eine Anmerkung:
Die "Freundschaft" einer Person in Franken sind nicht nur die Freunde im heutigen Sprachgebrauch. Der Begriff kann durchaus weiter gefasst werden und bezieht auch die Verwandtschaft und/oder die Nachbarschaft mit ein.
Gruß
Hanna

Das ist nicht nur in Franken so; schon gar nicht im 17. Jahrhundert und früher. ;)
...weshalb ich bereits bewußt das Wort "Bekannte" hinzugesetzt habe.

Vielleicht sollte man umschreibend sagen: "Personen, die einem wohlgesonnen sind..."

www.woerterbuchnetz.de/DWB/freundschaft

Gruß
Vera
 
Zurück
Oben