Fundstücke (makabres, trauriges, erheiterndes)

Ein schöner und würdigender Todeseintag für eine Wehemutter (=Hebamme):
Am 29. September 1767 starb die Witwe Dorothea May, die
"[...] 21 jahr in Ermschwerd, Blickerßhausen und Hubenrode Wehemutter gewesen und 489 Kinder glücklich zur geburth beförden helfen (oder holfen) [...]"

http://www.archion.de/p/dd9968142e/

Gruß
Wolfgang
Ähnliche Eintäge zu Hebammen hatte ich schon hier und da gesehen - neu war für mich kürzlich ein Totengräber, der seit 1720 in Lennep 2168 Leichen begraben hatte.

Eintrag 85 vom 30.10.1737 unter

Glückauf
Wolfgang
 

1750 heiraten Mathias Wehrten und Sophia Clemens, und was der Pfarrer ins Kirchenbuch unter diesen Eintrag schreibt, lässt tief blicken. Auch wenn wohl wenige Ehen Liebesheiraten waren, finde ich diesen Satz doch sehr bemerkenswert.

"Gott gebe, daß die Ehe besser gelinge, als sie angefangen word."
 
Am Anfang des Kirchenbuchs "Spangenberg / Taufen 1877-1943" notiert Metropolitan Rothfuchs:

"Am 30ten Nov. 1887 ist in der hiesigen Kirche der erste Abendgottesdienst bei der neu eingerichteten Kirchenbeleuchtung abgehalten worden. Die Kirche war bis auf den letzten Platz besetzt."

 
An einem Sterbeeintrag 1750 ein nachträglich (1935) eingefügter Zeitbezug. Als "Müllerkrankheit" bezeichnete Situation der Ev. Kirche im Dritten Reich...

Ich gestehe, dass mich hier der Kontext interessieren würde. Wollte das einfach raus und war Platz auf der Seite? Wieso da? Wieso "Müllerkrankheit"?
Vorschläge?

Viele Grüße
Jenny
 
Wieso "Müllerkrankheit"?

Worauf sich dieser Ausdruck bezieht, finden Sie hier


Hier "mit spitzer Feder" im übertragenen Sinne gebraucht.

Der Eintrag dürfte als Zeichen des "Widerstandes" einzustufen sein.

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Allgemeiner Hinweis: gemäß den Forum-Richtlinien sind weitergehende politische Diskussionen hier nicht zulässig.
Vielen Dank für Ihr Verständnis.
 
Leider finde ich momentan keinen belastbaren Hinweis darauf, was die Müllerkrankheit im 18. Jahrhindert gewesen sein könnte.

....zusätzlich zu Ihrer o.a. Fundstelle zur "Bäcker- und Müllerkrankheit" auch hier

 
OK, hatte ich nicht gefunden. Das ist aber keine plausible Todesursache nach 4 Monaten Erkrankung. 4 Monate mit Luftnot und Erstickungsanfällen könnte ich mir da eher vorstellen - ist aber Spekulation.

Glückauf
Wolfgang
 
Laut dieser Quelle wurde die Bezeichnung Müllerkrankheit für diverse Krankheiten verwendet, die vermutlich bei Müllern gehäuft auftraten. Insbesondere Atemwegserkrankungen (durch das Einatmen von Mehlstaub), Rheuma/Gicht (wegen der feuchten Umgebung bei Wassermühlen), Wirbelsäulendeformationen (wegen des Tragens schwerer Lasten), usw.
Auch die von Vera genannte Hauterkrankung zählt wohl dazu.

An was genau die Pastorsfrau litt, wird sich wohl nicht so leicht klären lassen. Möglicherweise war es auch die Lungentuberkulose, die ja auch schwere Atemwegsbeschwerden verursacht.
 
Mein Pschyrembel 255. Auflage von 1985 (die erste Auflage mit der Steinlaus/Petrophaga loriotii) kennt übrigens auch keine Müllerkrankheit.
 
Am Anfang des Kirchenbuchs "Spangenberg / Taufen 1877-1943" notiert Metropolitan Rothfuchs:

"Am 30ten Nov. 1887 ist in der hiesigen Kirche der erste Abendgottesdienst bei der neu eingerichteten Kirchenbeleuchtung abgehalten worden. Die Kirche war bis auf den letzten Platz besetzt."

Metropolitan Rothfuchs berichtet auch am Anfang des Kirchenbuchs "Elbersdorf / Taufen 1830-1897" von den technischen Neuerungen der Zeit (Elbersdorf liegt direkt neben Spangenberg):

"Am 24. November 1887 ist in der Elbersdorfer Kirche die durch Consist. Beschluß vom 15. Okt. 1887 [...] auf Antrag des Unterzeichneten eingerichtete Kirchenheitzung zum ersten male in Gebrauch gesetzt worden."


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Es wurden bereits Hinweise zur "Müllerkrankheit" gegeben. Google liefert noch Treffer im Zusammenhang mit einer so bezeichneten Pferdekrankheit, so in Reiter Revue 5/2004, S.73 (https://www.dokumente.iwest.de/presse/2004-5-reiterrevue-modemahlzeitmash-iwest.pdf). Zitat:

Da gibt es zum Beispiel die„Müllerkrankheit“ an der früher etliche Pferde erkrankten, die tatsächlich von Müllern gehalten wurden und jede Menge Weizenkleie bekamen. Erkrankte Pferde litten unter aufgeriebenen Gesichtsknochen sowie Glasknochen, denn sie lebten im ständigen Phosphorüberschuß, welches zu schwersten hormonellen Störungen sowie Störungen des Mineralstoffwechsels führte“.

Auch in Pferdeheilkunde 23 (2007) 2 (März/April), S.252 (https://www.hippiatrika.com/download.htm?id=20070305). Zitat:

"Unter den über 600 Publikation über Mengenelemente entfällt
der größte Teil auf die Elemente Kalzium und Phosphor.
Ihr Gehalt in den Knochen war bereits im 18. Jh. bekannt.
Daher ist nicht überraschend, dass auffällige Knochenerkrankungen,
die 1824 erstmals in den USA (big head) und
1851 in Europa (Bäcker- und Müllerkrankheit) beschrieben
wurden, Untersuchungen über diese Elemente anregten. Die
Störung, die, wie sich später herausstellte, ein primärer oder
sekundärer Ca- Mangel (P- oder Oxalatüberschuss) verursachte
und über die bis zum Jahr 2000 in rd. 80 Publikationen
berichtet wurde (mit abnehmender Tendenz nach 1950),
blieb ein Motor für Untersuchungen über den Stoffwechsel
der genannten Elemente, ebenso wie andere, oft unspezifische
Skelettveränderungen. [...]"
 
Am Anfang des Kirchenbuchs "Spangenberg / Taufen 1877-1943" notiert Metropolitan Rothfuchs:

"Am 30ten Nov. 1887 ist in der hiesigen Kirche der erste Abendgottesdienst bei der neu eingerichteten Kirchenbeleuchtung abgehalten worden. Die Kirche war bis auf den letzten Platz besetzt."

Dazu und zu der neu installierten Heizung fällt mir ein Professor ein, der das in etwa so formulierte: da ist die Kirche leer, und man schafft neue Lampen an (bzw. Heizung), weil man meint, das wäre der Grund für das Fernbleiben der Gemeinde. Dann kommen die neuen Lampen, drei Wochen lang ist die Kirche voll, weil jeder die neue Beleuchtung sehen will. Allerdings wird die Predigt auch im Hellen nicht besser, und die Gemeinde bleibt wieder fort.
Gruß an die Kunsthistoriker in Ffm!

schweinfurtergrün
 
Besonders interessant ist ja, wenn Pastoren Einträge kommentieren.
Hier eine kleiner Einblick wie 1746 in Dobis mit den Taufen von "Hur-Kindern" umgegangen wurde:


Glockengeläut gibt es für uneheliche Kinder nicht, aber Gebet und Gesang haben sie genauso nötig wie die ehelichen Kinder auch.
 
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