Kein Digitalisat verfügbar

Hallo zusammen,​

ich forsche z.Zt. intensiv in dem Bereich Ostpreußen (Kraupischken, Budwethen etc.) Mir ist aufgefallen, dass insbesondere "neuere" Kirchenbücher mit "Kein Digitalisat verfügbar" gekennzeichnet sind. Das ist für mich bislang unverständlich, da man doch gerade die Daten näher gelegener Generationen als Ausgangspunkt seiner Recherche macht. Bei der EZAB werden diese Bücher als existierend gelistet.
Man könnte sich jetzt denken, dass diese Kirchenbücher aus Daten- und Personenschutzgründen nicht einsehbar sind, da anzunehmen ist, dass einzelne Personen die dort erfasst sind heute noch leben könnten. Archion allerdings schreibt davon nichts. Stattdessen liest man den Text: "Der Bestand wächst stetig. Täglich kommen weitere Kirchenbücher unserer Partnerarchive hinzu. Auf unserer Homepage zeigen wir Ihnen tagesaktuell die Neuzugänge an." Das jedenfalls läßt nur den Schluss zu, dass Archion noch nicht dazu gekommen ist, diese Bücher einzustellen und dies in absehbarer Zeit tun wird.

Hat hier jemand mal das Thema bei Archion angeschnitten und eine Stellungnahme dazu bekommen?
 
Archion kann nur hochladen was das Archiv liefert. Also ist der richtige Ansprechpartner IMMER das Datengebende Archiv. Wenn das EZA nicht liefert kann Archion nichts hochladen.
 
Vielen Dank für die Antwort. Dann werde ich mal bei der EZA vorstellig. Sobald ich eine Antwort habe, stelle ich die hier ein.
 
Die Nachfrage der Nutzer nach den Kirchenbüchern nach 1875 ist sehr viel geringer, da man für die jüngere Vergangenheit vollständigere Informationen aus den Standesamtsunterlagen entnehmen kann und nicht auf die Kirchenbücher angewiesen ist, von Ausnahmefällen wie vernichteten Unterlagen der Standesämter abgesehen.

Zugleich ist die Zahl der Kirchengemeinden und auch der kirchlichen Handlungen aufgrund der gestiegenen Bevölkerungszahl höher und pro Seite sind es weniger Eintragungen als im engzeilig schreibenden 17. Jahrhundert. Es sind also sehr viele Kirchenbücher.

Einige Archive haben sich daher entschlossen, die Verfilmungen der Kirchenbücher nach 1875 gar nicht an Archion zu übermitteln und vielfach auch gänzlich von einer Verfilmung und den damit verbundenen Kosten abzusehen, so beispielsweise Hannover und Dresden.

Anders sieht es das ELAB in Berlin. Hier sieht man Forschungsgesichtspunkte im Vordergrund, denn gerade die Berliner Kirchenbücher enthalten Informationen zur Judenverfolgung im Dritten Reich, beispielsweise Karteikartensammlungen mit fremdländisch klingenden Familiennamen usw., und daran besteht ein hohes Interesse nicht nur von Familienforschern, sondern auch von Historikern etc.

Es dürfte auch um die Reihenfolge der Aufbereitung gehen. Bei begrenzten finanziellen und personellen Kapazitäten muss man Prioritäten setzen. Da wird man voraussichtlich wenig verlangte Kirchenbücher ans Ende setzen, so eben die Kirchenbücher nach 1875. Angestrebt wird nach den ursprünglichen Aussagen von Archion eine vollständige Onlinestellung bis etwa 2050. Da ist noch viel Reserve für Neuaufnahmen derzeit noch unbrauchbar verfilmter Kirchenbücher oder von jüngeren Jahrgängen oder solchen, die derzeit dem Datenschutz unterliegen oder auch aus Archiven, die eine Teilnahme derzeit noch ablehnen.
 
Das ELAB ist aber nicht das EZA. Dieses "kümmert" sich nur um die KB der ehemaligen Ostgebiete die in ihrem Bestand sind. Das sind insgesamt nicht sehr viel. Ein Teil liegt noch vor Ort in "Polen", ein Teil ist Sicherungsverfilmt vom Reichssippenamt und dadurch z. T. bei den Mormonen einsehbar (vor 1874). Ein großer Teil ist Kriegsverlust.

Das Thema mit der Deckelung 1875 ist ein ganz anderes. Für mich gehören die kirchlichen Ereignisse (Taufen, Trauungen, Bestattungen) auch nach 1875 zu der jeweiligen Person dazu. Und Konfirmationen kann mir kein Standesamt anbieten.
 
An baukuthi

Das ist soweit richtig. Aber schon heute verweisen die Pfarrgemeinden und Archive bei Anfragen aus der Zeit nach 1874/1875 auf die Standesämter und haben in den meisten Gemeinden/Archiven dazu keine Auskunft mehr gegeben.

Ich denke daher, dass die Veröffentlichung am Archiv oder des Pfarramtes liegt und nicht an Archion.

Auf der anderen Seite kann man wahrscheinlich seine entsprechenden Urkunden häufig in den Familien finden bw. bei den Standesämtern als Kopien anfordern. Oder man recherchiert selbst in den Archiven oder Pfarrämtern. Natürlich ist die Suche dann nicht so günstig wie bei Archion, aber machbar.
 
>Ich denke daher, dass die Veröffentlichung am Archiv oder des Pfarramtes liegt und nicht an Archion.

Ja, alles was hier bei Archion erscheint oder nicht liegt IMMER an den jeweiligen Archiven bzw. Gemeinden. Ich forsche seit ca. 30 Jahren, da noch direkt in den Gemeinden und/oder Archiven. Da gab es noch keine Möglichkeit an Standesamtsurkunden außerhalb der direkten Linie zu kommen. Und auch heute noch gibt es Archive wo man nicht selbst forschen darf und die horrende Gebühren für Auskünfte nehmen. Ich habe kein Problem für Dienstleistungen Gebühren zu zahlen, aber sie so hoch an zu setzen das möglichst niemand mehr anfragt ist nicht schön.
 
"Die Nachfrage der Nutzer nach den Kirchenbüchern nach 1875 ist sehr viel geringer, da man für die jüngere Vergangenheit vollständigere Informationen aus den Standesamtsunterlagen entnehmen kann"
Na ja von "sehr viel geringer" würde ich in Anbetracht von 12 bis 14 Millionen Vertriebenen aus den ehemaligen Ostgebieten die größtenteils in der 69 Millionenstarken Bevölkerung Deutschlands (DDR und BRD 1950) aufgegangen sind, nicht sprechen. Hier sind gezielte Anfragen an Kirchengemeinden und Standesämtern naturgemäß nicht mehr möglich.

Ob tatsächlich die Kosten eine Rolle bei der fehlenden Zuverfügungstellung von jüngerem Material eine Rolle spielt, kann ich nicht beurteilen. Auf den entsprechenden Webseiten beider genannten Kirchen ist davon nicht die Rede. Ich vermute allerdings, dass es hier eher einen rechtlichen Hintergrund gibt. Das Landeskirchliche Archiv Hannover schreibt dazu:

Sperrfristen

Kirchenbücher unterliegen wie alle kirchlichen Archivalien den Sperrfristen des Archivgesetzes der Konföderation ev. Kirchen in Niedersachsen vom 26. Februar 1999 (§ 7). Sie dürfen daher frühestens 30 Jahre nach Abschluß des Bandes benutzt werden und wenn die darin genannten Personen seit mindestens 10 Jahren verstorben sind. Sind die Sterbedaten nicht ermittelbar, endet die Sperrfrist 90 Jahre nach der Geburt.

Wie schon geschrieben, werde ich mich bei der EZAB darüber erkundigen. Sollte es tatsächlich einen solchen Zusammenhang mit den hier zwar gelisteten aber nicht zur Verfügung gestellten Digitalisaten geben, fände ich einen entsprechenden Hinweis an solchen Stellen mehr als angebracht.
 
>>Ich habe kein Problem für Dienstleistungen Gebühren zu zahlen, aber sie so hoch an zu setzen das möglichst niemand mehr anfragt ist nicht schön.

Dem stimme ich natürlich zu. Aber auch vor 20 Jahren haben unsere Archiven schon 60 € für 1 Stunde Recherche Kosten veranschlagt, selbst wenn man die genauen Daten hatte und für die Familienchronik nur eine Kopie haben wollte.

Da habe ich wohl bisher Glück gehabt, denn ich konnte bisher in allen Archiven und Pfarrgemeinden, in denen ich persönlich vorstellig wurde, selbst recherchieren. Und selbst bei denen, die relativ hohe Gebühren genommen haben, waren diese im Verhälltnis zu Anfahrten/Übernachtung usw. eher gering. Aber direkt bei den Standesämtern habe ich immer nur zwischen 5-10 EUR bezahlt , egal ob es eine beglaubigte Urkunde oder eine Fotokopie war.

Aber es lohnt sich ja auch nicht, sich über die Gebühren aufzuregen. Wer als Hobby seine Familie erforscht, weiß doch, dass es sehr teuer werden kann. Denn bei anderen Hobbies wie z.B. Tennis, Golf oder Tauchen sind die Kosten weitaus höher. Und selbst ein gutes Buch hat seinen Preis.
 
>>Hier sind gezielte Anfragen an Kirchengemeinden und Standesämtern naturgemäß nicht mehr möglich.

Und warum nicht? Es sind schließlich nicht alle Kirchenbücher oder Standesamtsbücher durch Krieg, Feuer oder Wasser bernichtet worden. Ich habe zwar nicht in den ehemaligen Ostgebieten gesucht, aber in Polen. Und ich habe bisher von den Standesämtern sowie den Staatsarchiven immer Auskunft bekommen. Das ist natürlich heute auch einfacher, da viele Bücher online einsehbar sind. Aber auch dort muss man bestimmt noch Jahre warten, bis alle KB veröffentlicht sind. Und dort wurde schon einige Jahre vor Archion mit der Digitalisierung angefangen.
 
"Ich habe zwar nicht in den ehemaligen Ostgebieten gesucht, aber in Polen."
Die Orte meiner Ahnen väterlicherseits liegen in der heutigen Oblast Kaliningrad. Im Gegensatz zu den Polen, haben die Russen weitgehend alles zerstört, was mit der deutschen Vergangenheit dieser Region in Verbindung steht. Leider sind auch viele Dokumente aus den heute polnischen Gebieten im damaligen Königsberg gelagert worden. Davon abgesehen sind aber auch im heutigen Polen bei weitem nicht mehr alle Kirchengemeinden aus dem damaligen Ostpreußen existent. Es ist also oft einfach nur Glückssache, ob die Dokumente fachgerecht und wiederfindbar gelagert wurden bzw. weiterhin werden. Die polnischen Behörden sind Dank standardisierter Bestimmungen in der EU und auch entsprechender Fördergelder aus der EU in der Lage und Willens Digitalisate zu erstellen und zu veröffentlichen. Ob sich die russischen Behörden jemals dazu durchringen sollten, "ihr" Material bereitzustellen, wage ich doch arg zu bezweifeln.
 
>>Ob sich die russischen Behörden jemals dazu durchringen sollten, "ihr" Material bereitzustellen, wage ich doch arg zu bezweifeln.

Für Familienforschung muss ja nicht alles digitalisiert werden, man kann ja auch die entsprechenden Archive bzw. Standesämter anschreiben. Kennen Sie diesen Link schon:


In Polen ist vieles durch Kriege vernichtet worden. Als ich 2006 in einem Standesamt NO von Warschau war, waren gerade Kirchenbücher zwischen 1875 bis 1939 (denn erst nach 1945 wurden in Polen Standesämter mit diese Aufgaben betraut) teilweise verbrannt. Da kann man dann auch nichts machen. Aber auch in Deutschland fehlen viele Kirchenbücher.

Vielleicht für Sie noch interessant: ich habe sogar Informationen aus den Archiven in Moskau und Saratow erhalten. Und soweit ich gehört habe, sind z.B. die KB aus Petersburg online. Und es gibt auch einige Foren, die sich mit Ahnenforschung beschäftigten und helfen.

Gruß Ursula
 
Vielen Dank für den Link zu Kraupischken. Ich kannte das Archiv in Allenstein schon, nicht zuletzt auch weil dort viele Unterlagen zu Mohrungen vorhanden sind und ein Zweig meiner Familie daher stammt. Anfragen an staatliche Stellen in Russland bezgl. Nord-Ostpreußens bringen nichts, weil die schlichtweg kaum Dokumente aus der Zeit vor 1945 haben. Ausnahmen sind Unterlagen des Standesamts Baubeln (Kreis Tilsit-Ragnit) aus dem Zeitraum 1872-1902, sowie Unterlagen über die deutsche Bevölkerung, die in den Jahren 1945-1948 im Kaliningrader Gebiet wohnhaft
war. Das war's dann aber auch. Trotzdem noch mal herzlichen Dank.

Gruß Reiner
 
An Baukuthi: Der Unterschied von Elab und EZA ist mir natürlich bekannt. Die Meinung des Elab zu den Kirchenbüchern nach 1875 kenne ich allerdings, daher habe ich oben auch diese wiedergegeben, mit dem EZA habe ich nicht gesprochen. Und natürlich bin ich wie üblich deiner Meinung zum Wert dieser Kirchenbücher, aber dazu haben wir schon andernorts korrespondiert.

An Schmischke: Nein, es gibt keine rechtlichen Hinderungsgründe für eine Onlinestellung von Kirchenbüchern betreffend die Jahrzehnte nach 1875 in Hannover, jedenfalls nicht für die Zeit vor 1934. Genau das steht auch in dem zitierten Text auf deren Webauftritt. Das Archiv in Hannover hat in der Zwischenzeit aus Kostengründen sogar komplett seine Auskünfte aus allen Kirchenbüchern einstellen müssen. Die Stelle dafür und auch für die Einsichtnahme in Kirchenbücher ist geschlossen. Die Digitalisierung und die Belieferung von Archion wird fortgesetzt. Die vorhandenen Verfilmungen und zwei Lesegeräte dafür hat der Niedersächsischer Landesverein für Familienkunde retten können. Details hat unsere Moderatorin im Unterforum für Niedersachsen eingestellt.

Wie die Nutzerin Joanna oben schon schrieb, werden die Anfragenden für Zeiträume nach 1875 von den Pfarrämtern etc. schon lange auf die Standesämter verwiesen; das spart Zeit. Arbeit, die man nicht machen muss, wird immer als erstes wegrationalisiert. Das gilt auch für die Kirchenbucheintragungen der Vertriebenen, so viele das auch sein mögen. Und gerade diese hohe Zahl zeigt, wie viele Kirchenbucheintragungen es für diese in den Jahren nach 1875 geben muss und wie viele Kirchenbücher da für teures Geld verfilmt und digitalisiert werden müssen. Und dann gilt wieder meine Argumentation von oben.
 
Der Verweis an die Standesämter verlagert das Problem nur. Die älteren Register werden in vielen Fällen von den Standesämtern an die Staatsarchive oder Stadtarchive abgegeben, und einige von denen bemühen sich wirklich nach Kräften Anfragen zu ignorieren. Gelle, Stadtarchiv Verden/ Aller... ? ;-)

-Uwe
 
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