Christian IV fordert ordentliche Buchführung

Ich durchstöbere viele Kirchenbücher nach Einträgen meines Familenbaums - so wie viele von uns.
Nun blättere ich gerade im ersten vorliegenden Traubuch aus Marne in Dithmarschen, Schleswig Holstein, beginnend 1678.
Da wird man schon etwas ehrfürchtig, wenn man sich annähernd 350 Jahre zurück versetzt und ich will gerne verstehen, was der Verfasser des Buches wohl als Einleitung geschrieben hat.
Er hat eine Abschrift einer Verfügung des Königs Christian IV aus dem Jahr 1646 eingetragen. Die generelle Bedeutung ist mir soweit klar geworden (mit drei Worten: "führt ordentlich Buch!"), aber wie so oft möchte man auch das letzte Wort noch richtig entziffert haben.

Hat jemand Lust, die Einleitung weiter mit mir zu entziffern?
Ich werde aus dem Ergebnis dieses Threads dann einen UGC machen und zum Traubuch hochladen. Natürlich werde ich alle Beitragenden in dem UGC mit aufführen.

Jetzt aber meine erste Lesart.
S.6f., Bild 5 und 6
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Copia

Wir Christian der Vierte von Gottes
Gnaden Zu Dänemark Norwegen, der Wenden und Gothen König,
Herzog zu Schleswig, Holstein p. Tuhn Kund hiermit gegen männiglich,
das gestalt .... sich zutragen mag, daß den Priestern im hiesigen
unseren beiden Fürstentühmern von den Patrony die Salaria ....
..., dann auch sonsten bey den Kirchen sowohl von Hochzeiten
als Kindtaufen und Begräbnißen keiner Richtigkeit gehalten wird,
woher viel inconvenientien manchmal entspringen und .....
werden. Wann nur demselben allerseits uns als der hohen
Oberkeit, vigore competir... juris Episcopalis zu remediry
oblieget und gebühret. Als ist hiermit unser erster Wille
und Befehl, daß bey d... Kirchen unser jurisdiction fürderlichst
und in ehr je lieber ein ein beständiges dazu hono...tes Buch
richtig soll verzeichnet werden, und eines ..... Priesters,
... Pastot ... Diacony ir... Sallarium pro tempore ...,
... ..., ..... andere Patronus, ... ...
in ................., sich unternehmen wolte,
und ... die Salaria zu ...., alsdem die Predigen
ihren recurs für erst zu ... General Superentendentry
und Probsten, d... f...an uns zu ..nehmen.
Weile auch, wie gedacht, ... ... der Hochzeit, Kindtaufe
und Begräbnißen Irrung, an .. Zeit selbige .. geschehn ...
.... aber nicht, ...., so sollen die Priester davon ein
ebenmäßiges richtiges Buch halten, Jahr und Tag samt der Namen
(nächste Seite)
der Leute verzeichnen, damit man, .... Nohtfall,
.... aller Zeit könne mächtig werden, und daraus Nachricht
haben.
Worüber dann allerseits unsere Amtsleute, General
Sunperentendery und Pröbste jeder Orts beständig zu halten, hier-
mit angewiesen werden.
Uhrkundlich unter unserem Königl. Handzeichen und Secret.
Gegeben in unser St... am 13 Septemtr ao 1646.
Christian
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Ich freue mich schon auf die Beiträge.
Herzliche Grüße
Dieter
 
Wier Christian der Vierte von GOTTES
Gnaden zu Dänmark, Norwegen, der Wenden und Gothen König,
Hertzog zu Schleßwig, Holstein pp. Tuhn Kund hirmit gegen männiglich,
was gestalt zuweilen sich zutragen mag, daß den Priestern in hiesigen
unsern beiden Fürstentühmern von den Patrones die Salaria verschnitten
werden, dann auch sonsten bey den Kirchen sowol von Hochzeiten
als Kindtauffen und Begräbnißen keine Richtigkeit gehalten wird,
woher viel inconvenientien manchmahl entspringen und veruhrsachet
werden. Wann nun demselben allerseits uns als der hohen
Oberkeit, vigore competirenden juris Episcopalis zu remediren
oblieget und gebühret. Als ist hirmit unser ernster Wille
und Befehl, daß bey denen Kirchen unser jurisdiction fürderlichst
und je eher je lieber in ein beständiges dazu verordnetes Buch
richtig soll verzeichnet werden, was eines jedarden Priesters,
er sey Pastor oder Diaconus ietziges Salarium pro tempore sey,
alles darümb, wenn etwa ein oder ander Patronus, es sey
in Städten oder auff den Dörffern, sich unternehmen wolte,
uns unwißend die Salaria zu schmählern, alsdenn die Prediger
ihren recurs für erst zu unserm General Superintendenten
und Probsten, dann ferner an uns zu nehmen.
Weiln auch, wie gedacht, offters wegen der Hochzeit, Kindtauff
und Begräbnißen Irrung, an wez Zeit selbige etwan geschehen oder
vollenzogen oder nicht, vorfället, so sollen die Priester davon ein
ebenmäßiges richtiges Buch halten, Jahr und Tag samt den Namen ....

[weiter nächste Seite]

... der Leute verzeichnen, damit man auff erheischenden Nohtfall,
dero selben alle Zeit könne mächtig werden, und daraus Nachricht
haben.
Worüber dann allerseits unsere Amptleute, General
Superintendens und Pröbste jedes Orts beständig zu halten, hir-
mit angewiesen werden.

Uhrkundlich unter unserm König[lichen] Handzeichen und Secret
gegeben in unser Stadt Itzeho am 13 Septembr ao [Anno] 1646

[Unterschrift] Christian
 
Ahhhhhh!
Super!

Und jetzt wird mir die Bedeutung klarer.

Ich werde eine UGC als pdf erzeugen und hochladen.

Vielen Dank an Vera.

Gibt es noch vertiefende Erläuterungen, die ich mit in das pdf aufnehmen soll?
(2 Beispiele, die ich mit Hilfe von ChatGPT abgeleitet habe):
  • von den Patrones die Salaria verschnitten werden -> dass es immer wieder vorkommt, dass Patrone (Kirchenherren bzw. adelige oder städtische Grundherren, die das Patronatsrecht über eine Kirche haben) den Pfarrern und Diakonen ihr Gehalt (Salarium) kürzen.

  • auff erheischenden Nohtfall, dero selben alle Zeit könne mächtig werden, und daraus Nachricht haben. -> Dadurch hat man im Streitfall jederzeit einen zuverlässigen Nachweis.
Dieter
 
"... zu Dänmark, Norwegen, der Wenden und Gothen König,
Hertzog zu Schleßwig, Holstein pp. ..."
-> Christian IV. führt noch weitere Herzogtümer und Grafschaften im Titel (z. B. Stormarn, Ditmarschen, Oldenburg, Delmenhorst …), die aber hier nicht alle ausgeschrieben sind, sondern mit „pp.“ (praeterea, pro pluribus) abgekürzt wurden.

Aus ChatGPT:
  • Die Wenden
    • Damit waren die slawischen Völker an der südlichen Ostsee gemeint, vor allem im Gebiet Mecklenburg, Pommern und Rügen.
    • Seit dem Mittelalter beanspruchten die dänischen Könige (ähnlich wie die schwedischen) diesen alten „Eroberungstitel“, obwohl die Dänen diese Gebiete nicht dauerhaft beherrschten.
    • Der Titel war also mehr prestigeträchtig und historisch-traditionell als realpolitisch.
  • Die Gothen
    • Hiermit sind nicht die antiken West- oder Ostgoten gemeint, sondern es handelt sich um einen mittelalterlichen Ehrentitel.
    • Vermutlich bezog er sich auf die Gotland-Insel (vor Schweden), die im Mittelalter mehrfach unter dänischer Herrschaft stand.
    • In der Selbstdarstellung wurde daraus ein „großer Titel“: König der Gothen = „Herrscher über die alten nordischen Gotenvölker“.
 
Hallo Dieter.

Offengestanden tue ich mich persönlich sehr schwer damit, solch schöne historische Texte mittels "Erkenntnissen" aus "ChatGPT" zu "erläutern / ergänzen / erklären", oder was auch immer.

Wenn Sie heute nicht mehr gebräuchliche / vielleicht nicht mehr verständliche Worte erläutern möchten, dann würde ich das z.B. mittels Nachschlagen im "Wörterbuchnetz" https://woerterbuchnetz.de/ explizit aufgreifen.

Beispiele:

-verschneiden - www.woerterbuchnetz.de/DWB/verschneiden

-Patron - https://drw-www.adw.uni-heidelberg.de/drw-cgi/zeige?index=lemmata&term=Patron

-erheischen - https://drw-www.adw.uni-heidelberg.de/drw-cgi/zeige?index=lemmata&term=erheischen

usw. usw.

.........oder Sie verlinken zusätzlich den Wikipedia Artikel über Christian IV von Dänemark

Aber bitte, bitte z.B. keine "ChatGPT" "Erkenntnisse" über Wenden und Gothen einfügen, ohne deren expliziten Zusammenhang zum Herrschaftsgebiet des Christian IV. herzustellen.

Wie u.a. die Amerikaner so schön sagen..... "my two cents only".....

BG, Vera
 
Vera, ich habe keine Problem damit, den Text einfach nur so rein wie möglich hochzuladen. Ich nutze ChatGPT gelegentlich und komme so immer einen Schritte vorwärts. Aber in der Tat sind die ersten Hilfen immer nur einen Schritt wert und eben nicht vergleichbar mit dem späteren Resultat.
Dann werde ich wohl einfach nur den Link zu Wikipedia hinzufügen und meine 3-Wort-Zusammenfassung.
Herzliche Grüße
Dieter
 
Die Transliteration ist bitte um Folgendes zu ergänzen.

[oberhalb des Textes]
Copia


Wier Christian.....

[am Ende der ersten Seite / Vorderseite]

In diesem Buch habe zu schreiben
angefangen dn 2 Novembr. 1680
Mauritius Cramer

Pastor zu Marne

[von dieser Hand stammt die o.a. Kopie des "Erlasses" von Christian IV (von Dänemark) im Trauungsbuch]
 
Sie schreiben, daß sich der identische Text auch am Beginn des im Jahre 1661 begonnenen Bestattungsbuches von Marne findet.


Das ist zweifelsfrei korrekt, jedoch wurde der dortige Text (als Copia) im Jahr 1661 von Pfarrer Christophorus Heine in das Kirchenbuch eingefügt.
(siehe z.b. die unterschiedlichen Zeilenumbrüche / Zeileninhalte beider Versionen)

Pfarrer Mauritius Cramer hat ihn also rd. 20 Jahre später nochmals "abgeschrieben" und in das Trauungsbuch "eingelegt".
 
Es bedarf leider noch einer sehr wichtigen Korrektur. Tut mir sehr leid.

Uhrkundlich unter unserm König[lichen] Handzeichen und Secret[arius]

Das muss richtig heißen:

....Handzeichen und Secret.


Gemeint ist hier:
Secret , aus dem Lateinischen Secretum. Ehemals hieß das Siegel eines regierenden Herrn dessen Secret, in welcher Bedeutung es aber im Hochdeutschen veraltet ist.
 
Eine Abschrift dieses Textes von Christian IV mit dem Titel

Verordnung, daß bey den Kirchen über die Einkünfte
der Prediger, imgleichen Hochzeiten, Kind=Taufen und
Begräbnisse ein richtiges Buch zu halten, vom

13ten September 1646

finden Sie auf der Scan Seite 470 von 1770 = Buchseite 445


im ersten Teil des

Corpus Constitutionum Regio-Holsaticarum, oder allerhöchst-autorisirte Sammlung der in dem Hertzogthum Holstein, königl. Antheils, samt incorporirten Landen, wie auch der Herrschafft Pinneberg, Stadt Altona und Graffschafft Rantzau in Krafft eines beständigen Gesetzes ergangenen, Constitutionen, Edicten, Mandaten, Decreten, Resolutionen, Privilegien, Concessionen und andern Verfügungen: Aus Dreyen Bändern bestehend, nebst Zweyen Neben-Bändern; deren ersterer Eine neue Ausgabe der im besagten Hertzogthum und Landen promulgirten Gesetzbücher, samt einer Historischen Nachricht von denselben letzterer aber ein vollständiges Register über das gantze Werck enthält.

KURZ: Corpus Constitutionum Regio-Holsaticarum

Herausgeber: Friedrich Detlef Carl von Cronhelm

gedruckt Altona 1749


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Sofern Interesse besteht, können über den Suchbegriff inkl. der Anführungszeichen (!)

"Wir Christian der Vierte"

weitere Schriftstücke des Christian IV in diesem Band leicht gefunden werden.

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Im Bestand des MDZ München finden sich auch die weiteren Bände des Corpus Constitutionum Regio-Holsaticarum


Auch in den weiteren Bänden finden sich "Schriftstücke" von Christian IV.
 
Vera, ich hatte die Version 2 schon fast fertig, werde sie nun aber noch mal anpassen.
Ich habe gestern schon viel Zeit damit verbracht, über Christian u.a. zu lesen. Genealogie ist ein tolles Vehikel, um sich mit Geschichte zu beschäftigen.
Dein Hinweis zu der Sammlung aller Erlasse ist einfach wunderbar. Da gehe ich heute mal etwas auf Tauchstation.
Und natürlich berücksichtige ich dann auch die Korrektur zu Secret.

So komisch es sich anhört - es macht richtig Spaß!

Dieter
 
Vera,
der Text mit der Anmerkung des Mauritius Cramer ist auf Bild 3 und 4 zu sehen. Nach meinem Verständnis also nicht auf der gleichen Seite, wie die Abschrift des Erlasses.
Bild 3 kommt mir so vor, als sei ein Blatt Papier gefaltet worden und innen dann der Erlass aufgeschrieben worden (also bei heutigem Papier: DIN A4 in der Mitte falten. Es wird zu A5. Aufklappen und dann die rechte Seite beschriften). Dann wurde aus der vorderen Seite ein großer Teil ausgeschnitten. So sieht man nun auf Bild 3 zwei Drittel des Erlasses von der Innenseite und gleichzeitig den Text des Mauritius Cramer auf der Vorderseite.
Bild 4 ist genau so aufgenommen wie Bild 3, diesmal ist aber ein loses Blatt Papier in die Faltung eingelegt worden, so dass der Text des Erlasses abgedeckt ist.
Aus meiner Sicht müsste also der Text

In diesem Buch habe zu schreiben
angefangen dn 2 Novembr. 1680
Mauritius Cramer
Pastor zu Marne

ganz am Anfang stehen, noch vor "Copia".

Zuvor glaubte ich, der Schwung auf Bild 3 und 4 käme von Bild 6 "Besoldungen und Einkünfte". Das revidiere ich.
Ich kann es mir nur so erklären, dass zunächst etwas auf der Vorderseite des gefalteten Blattes geschrieben war, dies dann aber später weggeschnitten wurde und vom zuvor geschriebenen Text lediglich dieser Bogen übrig geblieben ist.

Was meinst du?
Dieter
 
Hallo Dieter.

Soweit man es anhand der vorliegenden Digitalisate überhaupt verlässlich beurteilen kann, stimme ich der o.a. Darstellung zu, sprich:

-Pfarrer Cramer schreibt seinen Vermerk auf die „erste“(?) Seite dieses KB
-dann folgt die von Pfarrer Cramer eingetragene „Copia“ auf der Folgeseite.

Ob diese Folgeseite ein loses / nicht eingebundenes „Einlegeblatt“ ist, oder nicht, vermag ich anhand des vorliegenden Digitalisates nicht abschließend beurteilen.

Offengestanden ist es mir an dieser Stelle auch viel wichtiger -vor historischem Hintergrund- festzustellen, dass die „Copia“ im Trauungsbuch zweifellos von der Hand des Pfarrers Cramer stammt.

VG, Vera
 
PS:
Sollte die „Einlege- / Falttechnik“ bzw. die exakte Blattfolge dargestellt werden sollen, so würde ich persönlich dies ohne Einblick in das originale KB nicht tun.

Das bitte ich mir nachzusehen.
 
Version 2 des UGC "Vorwort aus 1646 von Christian IV" hochgeladen.

Du hattest mir schon mal geschrieben, in welchen Abständen die Suchfunktion der UGCs aktualisiert wird ("der Suchindex wird nicht täglich erstellt"). Seit dem Hochladen der Version 1 am 31.08. ist der Index offenbar noch nicht aktualisiert worden, denn der UGC findet sich noch nicht.

Herzliche Grüße

Dieter
 
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