Kirchenbuch-Duplikat sagt anderes aus als das KB-Original, was kein Schreibfehler ist

Die Zweitschriften enthalten Fehler und Weglassungen und es fehlen nachträgliche Eintragungen, wie spätere Legitimierungen von unehelichen Kindern.
In diesem Fall gibt es aber gegenteilige Informationen gegenüber den Originalen:

Carl Traugott Raspe - GEBURT 16.09.1820 (KB-Original = Duplikat):

http://www.archion.de/p/8ad9d8d926/

„Geboren nachts um zwei Uhr, Carl Traugott (unehelich), Maria Christiana Raßpin, Johann Christian Raßpens, Hüfners, Rad u. Stellmachers, ehel. älteste Tochter.“

Maria Christiana Raspin heiratet später den Witwer Johann Christian Kuntze 12.10.1823 (KB-Original):

http://www.archion.de/p/731548489c/

„Joh. Christian Kunze, 1 1/2 Hüfner, GuthsBesitzer in Lugau, ein Witwer, alt 35 Jahre u. 8 Monate u. Maria Christiana Raßpe, Joh. Christian Raßpens, Gärtner u. GuthsBesitzer in Fischwasser, erstgeborene älteste Tochter, alt 21 Jahre und 5 Monate.“

Carl Traugott Raspe - TRAUUNG 23.10.1840 (KB-Original = Duplikat):

http://www.archion.de/p/6899f37845/

„Carl Traugott Raspe, zukünftiger Hausbesitzer in Lugau, Johann Christian Kuntzes, 1 1/2 Hüfners u. Kirchenvorsteherin Lugau (Sohn), 20 Ja . . . „

Die Abweichung erfolgt erst bei der GEBURT von ihrem ENKEL:
Johann Carl Traugott Raspe - Geburt 07.03.1840:

http://www.archion.de/p/9381a128df/

Bei der ANGABE DES VATERS steht im KB-Original:
„unehelich - Carl Traugott Raspe, zukünftiger Hausbesitzer in Lugau NB: da er sich als Vater angegeben, auch die Mutter des Kindes geheiratet, so ist es als ein eheliches Kind zu betrachten.“

Im KB-Duplikat: „Als Vater gibt sich aus, Joh. Traugott Raßpe, Joh. Christian Kunzens, 1 ½ Hüfners und Kirchenvorstehers in Lugau, Stief- u. Pflegesohn.“

Was gilt denn nun, ist der Kuntze nun der Vater (lt. Original Trg.) oder nur der Pflegevater (Lt. Duplikat Geburt Enkel.
Wie schätzt Ihr das ein? Warum diese Änderung nur im Duplikat für die Steuerbehörden? Darf man als Kirchenvorsteher kein uneheliches Kind haben (aber nur für die Steuerbehörde), warum nicht beim Original?
Wer hat ähnliche Erfahrungen gemacht?

Beste Grüße Frank
 
Ich meine, wenn er der Sohn des Mannes Kunze war, dann wäre er ab Zeitpunkt der Anerkennung durch diesen auch mit dem Nachnamen Kunze im Kirchbuch weitergeführt worden - nicht als Raspe. - Abweichungen zwischen ersten Originaleinträgen und späteren Abschriften habe ich in anderen Kirchenbüchern auch gesehen. Manchmal lag es daran, dass die Abschreibenden den Text im Originalbuch nicht richtig oder nicht komplett lesen konnten. - In Ihrem Fall hilft wohl nur das Sammeln aller verfügbaren Daten und dann Aussortieren, was das Wahrscheinlichste ist. - Evtl könnten noch vom zuständigen Amtsgericht Akten vorhanden sein über eine Vaterschaftsanerkennung ? - Nichteheliche Kinder waren nicht beliebt - für manche eine Schande; das war aber nicht in jedem Ort und auch nicht in jedem Stand des Vaters so. Bei Ihrem Fall war der Mann Kunze 1823 Witwer - viel-leicht war M. C. Raspin bei ihm in Diensten - oder, wenn er nicht der Vater war, hat er ganz einfach aus christlicher Nächstenliebe Vaterpflichten für das voreheliche Kind seiner späteren Frau übernommen - über seinen
Stief-/Pflegesohn.

VG.
 
...
Die Abweichung erfolgt erst bei der GEBURT von ihrem ENKEL:
Johann Carl Traugott Raspe - Geburt 07.03.1840:

http://www.archion.de/p/9381a128df/

Bei der ANGABE DES VATERS steht im KB-Original:
„unehelich - Carl Traugott Raspe, zukünftiger Hausbesitzer in Lugau NB: da er sich als Vater angegeben, auch die Mutter des Kindes geheiratet, so ist es als ein eheliches Kind zu betrachten.“

Im KB-Duplikat: „Als Vater gibt sich aus, Joh. Traugott Raßpe, Joh. Christian Kunzens, 1 ½ Hüfners und Kirchenvorstehers in Lugau, Stief- u. Pflegesohn.“....

Einen schönen Nachmittag,

ich sehe dort keine Abweichung, da sich der zitierte Nachsatz im Original-KB nicht auf Carl Traugott Raspe bezieht, sondern auf sein hier verzeichnetes Kind, Johann Carl Traugott.

Das Kirchenbuch verzeichnet diese Geburt als eine uneheliche Geburt, stellt dann aber über den Zusatz in der Spalte des Kindsvaters klar, daß dieses Kind als ehelich zubetrachten ist, da sich der Kindsvater zum einen zu ihm bekennt und er zum anderen zudem auch die Kindsmutter heiratet.

Für den Kindsvater, Carl Traugott Raspe, gibt durchgängig:
-ursprünglich: unehelich geboren
-später: Stief- und Pflegesohn von Johann Christian Kuntze.

BG, Vera
 
Zuerst einmal vielen Dank für die Antworten.
@Seaotter:
Das mit „in Diensten bei ihm stehen“, nehme ich auch an. Ich habe in einer anderen Linie genau diesen Fall. Dort erfolgte aber die spätere Legitimation durch die Heirat, was als Nachtrag im Taufeintrag vermerkt wurde.
@vnagel2004:
Da haben Sie etwas falsch gelesen. Es geht um Carl Traugott Raspe (* 1820), nicht um seinen Sohn Johann Carl Traugott Raspe (* 1840). Dieser war allerdings auch unehelich (man könnte auch sagen vorehelich, denn kurz nach der Geburt haben die Eltern geheiratet.)
Es ist für mich immer noch nicht logisch. Ich fasse nochmal kurz zusammen:
- Geburtseintrag Carl Traugott Raspe 1820: unehelich, auch keine NB zu einer späteren Legitimation.
- Trauung Carl Traugott Raspe 1840: Dort wird bei Stand der Kuntze als VATER angegeben.
Bis dahin sind KB-Original und Duplikat/Zweitschrift identisch.
- Geburtseintrag seines Sohns 1840, der zeitlich ja vor dem Traueintrag 1840 steht: weichen KB-Original und Duplikat voneinander ab: im Original wird Carl Traugott als Vater genannt. Im Duplikat auch, aber mit dem ZUSATZ „Als Vater gibt sich aus, Joh. (FEHLER! – eigentlich Carl) Traugott Raßpe, Joh. Christian Kunzens, 1 ½ Hüfners und Kirchenvorstehers in Lugau, Stief- u. Pflegesohn.“
Es ist doch unüblich und unsinnig, den Vater des hier geboren Kindes noch näher zu definieren, in dem man sagt wessen (Pflege-) Kind er ist! Und da das eben nicht im Original steht, sondern nur in der Zweitschrift, muss man das schon hinterfragen.
Viele Grüße
Frank
 
>Es ist doch unüblich und unsinnig, den Vater des hier geboren Kindes noch näher zu definieren, in dem man sagt wessen (Pflege-) Kind er ist!<

nicht unbedingt, wenn er selbst noch nicht mündig/selbständig ist.
 
...
Es ist doch unüblich und unsinnig, den Vater des hier geboren Kindes noch näher zu definieren, in dem man sagt wessen (Pflege-) Kind er ist! Und da das eben nicht im Original steht, sondern nur in der Zweitschrift, muss man das schon hinterfragen.
Viele Grüße
Frank

Man stelle sich vor, daß zu irgendeiner Zeit ggfls. Erb- / Versorgungs- / Unterhalts- etc. Ansprüche geltend gemacht werden.

Diese sind unter Einschaltung öffentlicher "Behörden" geltend zu machen.

Und diese Stellen greifen zu deren Beurteilung u.a. auf die an sie abzuliefernden Zweitschriften der Kirchenbücher zu, die sich in ihren Archiven befinden.

So besagt z.B. das Deckblatt der KB-Zweitschrift von 1840:

"Das Duplicat von Lugau ist in den
betreffenden Gemeinde Acten zu asser-
viren, undt über die Ablieferung Beschei-
nigung zu ertheilen...."

 
Karl Traugott Raspe wurde 1834 auch mit diesem Namen im Konfirmationsregister genannt, nicht als Kunze. Wenn sein Vater der Mann Kunze gewesen wäre, so hätte er doch seinen Sohn nicht weiter als Raspe benennen lassen - Kirchenvorsteher hin oder her. Nur meine Meinung. VG
http://www.archion.de/p/a5b64b3240/
 
Hallo, nochmals vielen Dank für Eure Überlegungen.

@baukuthi:
Richtig, aber das erklärt trotzdem nicht, warum dieser Nachsatz nicht im Original steht, sondern nur im Duplikat.

@vnagel2004:
Ich denke auch, dass steuerliche Gründe der Anlaß für den Zusatz im Duplikat (= Steuerexemplar)sind. Aber wovor hat der Kuntze Angst, wenn es nicht sein Sohn ist? Dieses "strittige" Kind trägt doch nicht seinen Namen!!
Obwohl ich so einen Fall auch in meiner Verwandschaft habe: Mein Großonkel Otto Müller(* 1891)behielt den Namen der Mutter. Diese heiratete 1893 den Wolff. Laut Aussage meines Vaters (mittlerweile 90 Jahre)wurde in der Familie immer gesagt, dass der Wolff sein Vater ist und nur zu geizig war, den Namen ändern zu lassen. Er wurde auch Wolffs Müller genannt.

Beste Grüße

Frank
 
Zurück
Oben