prot. Kirchenbücher Hilpoltstein

Liebe Kolleginnen und Kollegen,
weiß jemand von Ihnen, ob die Kirchenbücher der evangelischen Hofgemeinde in Hilpoltstein (1542 bis 1627) noch existieren und ob man darin lesen kann.
Vielen Dank im Voraus für IhreUnterstützung.
Josef Fruth
 
Ich hatte nicht damit gerechnet, dass die kath. Bücher die historischen protestantischen Bücher mitführen.
Vielen herzlichen Dank.
 
In Hilpoltstein war nur der Pfalzgraf evangelisch, die Stadt selbst Jesuitisch geführt. Man hat sich immer gut arrangiert. Es gibt evangelische Kirchenbücher unter denen aus Hip. Beerdigt wurde auf dem gleichen Friedhof und auch das Heiraten unter den Konfessionen war üblich. Wir Hiperer waren unserer Zeit schon immer weit voraus.
 
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Reaktionen: JFR
Mr. or Mrs. Rainday, vielen Dank für Ihre Nachricht. Ich hab mittlerweile sehr viel Zeit über den Hilpoltsteiner Bücher gesessen. Dass die Pfarrbücher beider Konfessionen aus dem 17. Jh in einer Stadt vollständig erhalten und gut lesbar sind, ist beachtlich. Ich hab mit großen Interesse die Einträge zu den Exulanten aus dem "Landl ob der Enns" in Hilpoltstein, Thalmässing, Nennslingen und dem Dekanat studiert, und ich habe überraschende Erkenntnisse gewonnen. Jedenfalls haben die Nachkommen dieser Exulanten über Umwege auch den Weg in die Region NM gefunden.
 
Guten Morgen JFR,
ich heiße Sabine. Die Bauern in unserem südlichen Landkreis nahmen sehr aktiv am Bauernaufstand Anfang des 17. Jahrhunderts teil. Der (Thal)mässinger Haufen ist mit Mistgabeln und Dreschpflegeln bewaffnet nach Greding und Obermässing gezogen und hat die katholischen Pfarrer versucht aus den kleinen Städten zu verjagen. Grund waren die immer höheren Abgaben. Im Rahmen der Religionskriege, die auch durch den Augsburger Frieden von 1555 nicht wirklich aufhörten, waren die Eigentumsrechte an den Höfen mehrfach gewechselt. Manche Höfe hatten sogar vier Eigentümer und nun funktionierte das jahrhundertelang erprobte Pachtsystem nicht mehr. Früher galt: vom Ertrag sind 50% Gewinn. Davon bekommt der Eigentümer die Hälfte, also 25% vom Gewinn, die Kirche 10% und weitere 10 % werden für Reinvestition verwendet. Dem Pächter, also dem Bauern blieben lediglich 5% des Gewinns, oder 1/10tel des Gewinns. Nun hatten die Schreiber der Landesherren und auch die der Kirche aber im 16. Jahrhundert die Sache vereinfachen wollen und einen Hof einfach auf einen bestimmten Ertrags-Betrag geschätzt. Unabhängig vom tatsächlichen Ertrag. In guten Jahren blieb für den Bauern etwas mehr übrig, in schlechten Jahren dafür aber nichts.
Dazu kam, dass bei Höfen mit mehreren Besitzern plötzlich jeder von denen die 25% vollumfänglich für sich forderte. So begannen die Aufstände hier bei uns, angeführt von einer Witwe eines Hofbauern, die nach dem Tod ihres Mannes vom Hof verjagt werden sollte, obwohl sie diesen mit ihrem jugendlichen, aber noch minderjährigen Sohn bewirtschaftete. Diese Witwe konnte lesen und schreiben.
Die aufständischen Bauern wurden letztlich dahingemetzelt, gefangen genommen, verurteilt, hingerichtet, eingesperrt vertrieben. Und so lagen hier in Thalmässing, Eysölden, Offenbau, Lohen viele Höfe brach. Brachten nun keinerlei Erträge mehr und da waren die Exulanten dann sehr willkommen. Unser Pfalzgraf von Neuburg war evangelisch, wie die Auswanderer aus dem Land ob der Ems auch und so war es für alle eine klassische win-win-Situation, dass die ausgewanderten evangelischen Österreicher sich hier ansiedelten. Manche Orte ( wie Thalmässing) wurden komplett von ihnen übernommen.
In Alfershausen beim Winkler-Wirt finden noch immer regelmäßig Exulantentreffen statt, da kannst du dich ja mal kundig machen.
Schöne Grüße
Sabine
 
Hallo Sabine,
ich habe eine Dissertation aus dem Jahr 1963 von Lehner und Barth neben den Pfarrbüchern als Quelle für meine Vorfahren-Exulantenforschung genutzt. Auf den Bauernaufstände nehmen diese Autoren nicht Bezug, sie machen den 30-jährigen Krieg für die verlassenen Höfe und die verödete Landschaft verantwortlich. Dass die Ursachen bis auf die Bauernaufstände zurückgehen ist mir nicht geläufig. Von Pfalzgraf Friedrich und dem Mässinger Haufen hab ich schon einiges gelesen. Denen erging er genauso wir die aufständischen Bauern von Thalmässing. Wenn es Schriften zum (Thal)mässinger Haufen gibt, bin ich daran sehr interessiert. Sag mir bitte, wann wieder mal ein Exulantentreffen stattfindet. Danke für die profunde Auskunft. Viele Grüße. Josef
 
Susanne, vielen Dank für diesen Hinweis, die Veranstaltungen zu den Exulanten und die der Genealogen sind für mich attraktiv.
Viele Grüße, Josef
 
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