Ein Pfarrer betätigt sich als Künstler und ein anderer konstatiert ausbleibende Leichen

Im Taufregister des ev.-luth. Kirchspiels Stockhausen bei Herbstein im hessischen Vogelsbergkreis hat ein Pfarrer vor fast 370 Jahren einen besonderen Eintrag für den erstgeborenen Sohn seines Landesherrn verfasst und gestaltet:


Es handelt sich hierbei um den zu Stockhausen in Latein verfassten Eintrag für Georg XVII. Riedesel (und späteren Freiherren) zu Eisenbach und Hermannsburg vom 28. April 1655, Sohn des Hermann XIII. Riedesel zu Eisenbach und Hermannsburg (1623-1683) und dessen Ehefrau Hesche von Rantzau (1628-1664), später „Ihro königlichen Majestät in Groß Britannien gewesener Brigadir u. Obrist“, gestorben am 19. September 1698 „allhier in seiner ordentlichen Residentz“ zu Stockhausen.

Bei genauerem Hinsehen entpuppt sich der vom Pfarrer recht ideenreich und durchdacht gezeichnete „Rahmen“ als ein „V“, das am unteren Ende (rechts) durch die Buchstabenfolge „.ita“ zum Wort „Vita …“ (Leben) wird.

Schöpfer des Ganzen dürfte Johann Peter Köhler gewesen sein, von 1635 bis 1672 Pfarrer in Stockhausen.

Einer seiner Nachfolger, Johann Josia Listmann, von 1761 bis 1799 Pfarrer in Stockhausen, vermerkt für die Jahre 1774/75 im Kirchenbuch ob ausbleibender Sterbefälle Folgendes:


Pro Nota: Seit vielen Jahren eine merkwürdige Seltenheit!
Von dem 21ten Novembr. a. p. bis zum 12ten April a. c.
beinahe 21. Wochen – nicht eine einzige Leiche im ganzen Kirchspiel – !
ja fast nicht 1. gefärl. Kranker; obgl. viele Brustbeschwe-
rungen und heftiger Husten in dem sehr unbeständigen
Winter-Wetter graßirten.


(a. p. = anno praecedente = im vorigen Jahr; a. c. = anno currentis = im laufenden Jahr)

Wir wollen annehmen, dass der Pfarrer nicht beabsichtigte, Klage zu führen. Der Familienforscher jedenfalls dankt’s, kann er doch damit sicher sein, dass es zumindest an dieser Stelle zu keinen Lücken im Kirchenbuch gekommen ist …
 
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