Follow along with the video below to see how to install our site as a web app on your home screen.
Anmerkung: This feature may not be available in some browsers.
....Die beiden am häufigsten verwendeten Titel sind „ehrsam“ und „ehrbar“. Es ist nicht ganz einfach
herauszufinden, welche Kriterien bei der Vergabe eines jener beiden Titel angelegt wurden,
erschwerend kommt hinzu, dass das Titelpaar „ehrsam“ und „ehrbar“ im Spätmittelalter in beinahe
allen deutschsprachigen Territorien auftaucht mit jeweils wechselnden Bedeutungen und Trägern
unterschiedlicher sozialer Schichten....
Danke, das ist interessant und deckt sich mit dem, was ich so langsam auch beobachte.Sehr interessante Frage, welche höchstwahrscheinlich regional sehr unterschiedlich gehandhabt wurde. Meiner Einschätzung nach (ohne einschlägige Recherche in dieser Hinsicht) ist der Begriff der Ehre, der ja ursprünglich dem Adel vorbehalten war, im Laufe der Zeit gesellschaftlich schlicht nach unten "durchgesickert". In Kirchenbüchern des 17. Jahrhunderts werden meiner bisherigen Beobachtung nach v. a. "Honoratioren", also Bürgermeister, Ratsmitglieder etc. mit entsprechenden Attributen bedacht. Hier im Beispiel (spätes 18. Jahrhundert) dürfte es sich dann um allgemeine Floskeln handeln, welche bei so gut wie sämtlichen (männlichen?) Personen Anwendung fanden, die gemäß ihrer Rolle und Funktion "innerhalb" der Gesellschaft anzusiedeln waren, wobei auffällt, dass viele der Zuschreibungen berufsspezifisch sind:
Ich habe schon von "nahrhaften" Bauern gelesen, "mannhaft" sind meist Soldaten, als "weise" oder "gerecht" werden Richter oder Gerichtsangehörige bezeichnet. Der Pfarrer im verlinkten Text versieht augenscheinlich die Bauern i. d. R. mit "ehr- und arbeitsam", die Handwerker mit "ehrsam und bescheiden", die Hirten mit "ehrsam und getreu" und die Bürger mit "geachtet" o. Ä. Schön in diesem Beispiel ist die erwähnte Kunsterfahrenheit (Berufserfahrung/Geschicklichkeit) des Baders (ein paar Seiten vorher auch für einen Jäger verwendet). Nicht auszuschließen, dass der eine oder andere Pfarrer die Freiheit seiner Autorenschaft dazu genutzt hat, über die formelhafte Verwendung hinausgehend, (z.B. durch Weglassen) mehr oder weniger subtil Wertungen mit einfließen zu lassen. Vermutlich dienten die Formulierungen aber im Wesentlichen der Dokumentation und Abbildung des gesellschaftlichen Gefüges und der Stellung/Rolle der jeweiligen Personen darin.
Aufgefallen ist mir dabei schon mehrfach, dass moralisches "Fehlverhalten" etablierten Personen auf Dauer zuweilen wenig anhaben konnte: so kamen Bauernsöhne, selbst solche, die vorehelich andere Frauen (v.a. Dienstmägde) geschwängert hatten oder die bei ihrer Fornikanten-Trauung noch als "ungerathen" bezeichnet wurden, bei der Geburt ihrer Kinder und später wieder in den Genuss der üblichen Ehrbarkeits-Zuschreibungen. Am "Rande" der Gesellschaft wird es da schon dürftiger mit positiven Adjektiven. Spontan fallen mir nur "arme" Bettelleute ein (was man mit gutem Willen ja auch im Sinne von "schuldlos bedürftig" auffassen kann). Vielleicht kennt jemand andere Beispiele.
…..Die Männer mit der festen Kombi "ehrsam, achtsam und weise" sind also die Honoratioren…..