Ahnenforschung - zwischen Fakten und Spekulationen

Konkrete Daten sind der Wunsch bei der Ahnenforschung, leider bieten Kirchenbücher diese nicht immer. Ich suche seit langem die Geburtsdaten von Jürgen Henrich Goldstein und habe nun konkrete Daten, aber auch Daten, die nicht wirklich zueinanderpassen. Ich will mir aber jetzt nicht das passende Ergebnis raussuchen, nur weil damit die Suche ein Ende hätte. Daher würde ich gerne mal eure Einschätzungen kennenlernen.

Gesicherte Fakten:
Jürgen Henrich Goldstein stirbt am 25.04.1816 in Bünde (sog. Ariernachweis, KB-Einträge bei den Eheschließungen der Kinder aus zweiter Ehe, diese Ehe ist die für mich relevant)

Erste Ehe in Holzhausen/Lübbecke 1783, Altersangabe: "er 22"
Ergibt einen Geburtszeitraum zwischen 1761 und 1762

Zweite Ehe in Bünde 1788, Altersangabe: "er 26"
Ergibt wieder einen Geburtszeitraum zwischen 1761 und 1762

In dieser Zeit ist kein Goldstein in Bünde und den Landgemeinden geboren


Verwirrung stiften nun die Daten des Todeseintrages im KB
Geboren 1759
Copuliert 1778 und 1785, beide definitiv falsch

Auch beim Tod der 2. Ehefrau stimmt das Copulationsjahr nicht, dort ist 1780 angegeben, rechnerisch wäre sie 1761 geboren, richtig ist aber 1765


Die Vornamen sind auch ständig andere, was in KB dieser Gemeinde aber ständig vorkommt (Henrich, Jürg. Henrich, Henrich Georg, Joh. Henrich).


Die Frage, die ich mir nun stelle:
Kann ich bei falschen Heiratsdaten davon ausgehen, dass das Geburtsjahr stimmt? Dann wäre ich einen Schritt weiter, denn 1759 wird tatsächlich ein Goldstein geboren, zwar kein Jürgen Henrich, aber immerhin ein Johann Henrich? Würdet ihr euch darauf verlassen?


Tod des Goldstein
http://www.archion.de/p/ae36b7015d/

Tod der 2. Ehefrau
http://www.archion.de/p/8a8908afea/

2. Heirat in Bünde
http://www.archion.de/p/f36d20afbc/

1. Ehe in Holzhausen-Lübbecke, Eintrag 2 1788
http://www.archion.de/p/0141f18b6f/

Vielen Dank
Sabine
 
Hallo Sabine.

solche Probleme wie den "Fall Goldstein" haben wir alle in unseren Ahnentafeln. Ich nenne so etwas eine "Baustelle" und habe selbst über ein Dutzend davon - nicht alle gelöst bisher.

Mehr aus dem Bauch heraus aber mit 45 Jahren genealogischer Erfahrung im Rücken würde ich sagen die Eintragungen betreffen jedes Mal die selbe Person. Ein Problem ist gar keins, weil "Georg" nichts anderes als die hochdeutsche Form von "Jürgen" ist.

In seiner Todeseintragung steht, dass er 5 Kinder hat (evtl. noch mehr, wenn welche vorher gestorben sind). Ich würde die Geburten heraussuchen und nach den Paten schauen. Das sind häufig Verwandte, im besten Fall die Eltern, wenn die noch lebten.
Im 18. Jahrhundert haben leider haben die wenigsten Pastoren bei Ehe und Tod die Geburtsangaben herausgesucht. Im ländlichen Bereich wurde der Geburtstag auch nicht gefeiert, kaum jemand wusste offenbar genau, wie alt er war. Das Alter und das Ehejahr wurde deshalb geschätzt. Plus/minus ein bis zwei Jahre bei den Altersangaben ist normal.
Letztendlich bleibt es jedem selbst überlassen, welche Anforderungen er/sie an die Genauigkeit der überlieferten Daten stellt, um die Linie weiter zu führen. Ich hätte hier noch keine grundsätzlichen Bedenken.Da gibt es eins, zwei Generatonen früher bei wesentlich schlechter Quellenlage viel größere Probleme...
Jeder kann aber anderer Meinung sein, bitte posten, das Thema ist interessant.
Um den Thread nicht so aufzublähen, erfolgen weitere Informationen über deen Direkektkontakt.

Mit freundlichen Grüßen

Bernd
 
Hallo Sabine, hallo Bernd,
wenn ich Bünde höre, werde ich natürlich hellhörig. Dort habe auch ich eine Baustelle, weil ich einen Bräutigam suche, der bei der Hochzeit 1774 mit einem Alter von 27 Jahren genannt wird. Mein Bräutigam "in spe" ist aber nicht 1747 sondern 1741 geboren, allerdings im Nachbarkirchspiel Hiddenhausen.
Im Internet geistern manchmal Stammbäume und andere Informationen zur Familienforschung herum, die man zwar lesen darf, aber nicht in die eigenen Daten übernehmen sollte. Auch Ahnenforschung à la familysearch kann gefährlich sein. Also: nur selbst überprüfte (gelesene) Daten verwenden und lieber ein Fragezeichen zuviel als ein "(un-)sicherer Spitzenahn"!
Im Fall Goldstein neige ich auch zur Annahme von Bernd, dass es "der" Goldstein ist, den Du suchst, liebe Sabine.

Gruß
Libero
 
Hallo!

Ich kenne das Problem auch.
Geheiratet haben 1891 in Langenstein Konrad Justus Lauer und Anna Kornmann, die Taufeinträge lauten bei beiden ebenfalls auf diese Vornamen. Dann finde ich allerdings nur noch Kinder, deren Eltern Justus Lauer und Maria Kornmann sind, zeitlich genau passend (meine Uroma ist 1892 in Langenstein geboren). Kein einziges wo als Eltern Konrad Justus Lauer und Anna Kornmann angegeben ist. Bei den Beerdigungen finde ich dann wiederum nur Konrad Justus Lauer und Anna Kornmann. Das ist total verwirrend :'(

LG
Tanja
 
Hallo Sabine,

einige Ahnenforscher neigen sehr schnell dazu unsichere Daten dem Alkoholgenuß des Pastors unterzuschieben. Seltsamerweise wird dann schnell davon ausgegangen das geschätzte Altersdaten völlig normal sind und durchaus 5-10 Jahre keine Seltenheit ist. Dadurch kann man sich dann schnell beruhigen. In diesem Falle ist man schnell geneigt dem Pastor Fehler zuzugestehen, in anderen Fällen nimmt man die Einträge dann schon fast als amtlich und unfehlbar hin.

Ich habe in den letzten Jahren nicht nur tausende KB-Seiten durchsucht, sondern auch bis ins kleinste Detail als OFB ausgewertet und da findet man jede Menge "Ungereimtheiten" bzw. Fehler die uns heutige Ahnenforscher zu falschen Zuordnungen verleiten und ständig neue Totpunkte servieren.
Eine kleine Auswahl davon, bei Interesse stelle ich gerne die genauen Beispiele zur Verfügung.

- in einem KB/OFB gibt es gesichert 3 Ehefrauen die in ihren Sterbeeinträgen erstmalig nicht mit ihrem Geburtsnamen genannt sind, sondern mit dem der Mutter(keine uneheliche Geburt und auch kein Hofname!). Bei ca. 10 weiteren Sterbeeinträgen vermute ich das selbe Muster, läßt sich leider schlecht beweisen, da meist nur der Name des Vaters bei den Taufen angegeben wird, bzw. die Frau von außerhalb stammt.
- in einem KB versterben meine Vorfahren, der Mann wird mit dem Vornamen seines Vaters darin genannt(Zurückrechnung stimmt auf den Monat), seine Frau verstirbt später mit dem Geburtsnamen ihrer Mutter(Taggenaue Altersangabe)
-weiter bei meinen Vorfahren, 1819 stirbt eine meiner Ahnen mit angegebenen Alter, geb. 1747. Der Eintrag war sehr leicht zu finden, erst später fand ich bei Paten-Vergleichen heraus das da etwas nicht stimmt, und fand einige Einträge zuvor 1745 eine identische mit dem selben Namen des Vaters(aber nicht dieselbe Person!). Um es kurz zu machen die von 1745 war die richtige, die von 1747 verstarb im selben Ort 1798 mit Altersangabe +- 1 Jahr stimmig.
Der Pastor hatte also bei seinem Kollegen angefragt, und der betrieb dann sicher nicht den Aufwand wie ich und schrieb sozusagen die erstbeste heraus. Es handelte sich um den Namen Schultze, den hier in der Gegend jeder Zehnte hatte.
- in einem weiteren KB sind mir 3 Heiratseinträge aufgefallen, bei denen die Vornamen des Bräutigam bei den späteren Taufen nicht stimmten. Zum Glück gab es dazu aber parallel die Ehestiftungen und daraus ließ sich ableiten das der Bräutigam mit seines Vaters Vornamen eingetragen wurde.

Wegen der vorgenannten Beispiele würde ich jetzt auch nicht sagen das Du den richtigen hast, das mußt du dann schon selbst herausfinden.

@Bernd
Ja, ein sehr interessantes Thema! Nun würden mich die Erfahrungen anderer KB-Experten interessieren, ob meine oben genannten Beispiele nur regional bedingt sind oder doch auch in anderen Regionen vorkommen? Eigentlich müßte es sogar so sein, denn in Gedbas sowie in einem niedersächsischen OFB fand ich 2 Personen die gebürtig aus meinem OFB stammen sollen, die meisten der Angaben stimmen nicht überein, insbesondere auch wieder der Muttername. Leider sind die Besitzer dieser Daten auf meine Anfragen nie eingegangen.

VG
u_que
 
Ja, über das Thema Kirchenbücher, Kirchenbuchführung und die zahllosen Gründe für Fehleintragungen könnte man Bücher schreiben.
Die ausführlichen KB des 19. Jahrhunders verleiten zu flüchtiger Arbeit bei der Vorfahrensuche.
Scheinbar ist bei einer Heirats- oder Todeseintragung ja schon alles angegeben und alles in Ordnung. Dass das angegebene Geburtsdatum dann nicht stimmt, weil dieses Kind schon nach wenigen Wochen stirbt und der richtige Vorfahr dann ein oder zwei Jahre später geboren wird und die Vornamen des toten Geschwisters bekommt (ja, das gibt es!), das wird oft sehr spät bemerkt. Meist bleibt es dann bei einem falschen Geburtsdatum. Wenn die Mutter aber bei der Geburt gestorben ist und der Vater erneut geheiratet hat ist die genealogische Katastrophe vorprogrammiert. Einen Spitzenahn im 17. Jahrhundert kann man leicht streichen, jemand aus dem 19. Jahrhundert mit 50 oder 100 mühevoll erforschten Vorfahren aber wieder zu streichen – das tut weh!
Ich rate deshalb jeden, sich nicht auf die reine Ahnenlinie zu konzentrieren, sondern die ganze Verwandtschaft – Geschwister, Onkel, Tanten samt Ehegatten aus den KB herauszuschreiben und selbstverständlich auch zweite und dritte Ehen und deren Nachkommen.
Das kostet Zeit und Mühen, schützt aber weitgehend vor späteren unliebsamen Überraschungen.
Wenn es dann tatsächlich nicht mehr weitergehen sollte, weil die KB-Eintragungen allzu konfus oder widersprüchlich sind, bleibt immer noch die Hoffnung auf einen Zufallsfund in alten Akten.

Auf die von U-qe angefühten Fälle werde ich per PN eingehen, weil das den Rahmen eines Forumsbetrags sprengen würde.

Mit freunlichen Grüßen

Bernd
 
Dass die bei der Geburt eingetragenen Vornamen nicht immer mit dem später gebräuchlichen Rufnamen übereinstimmen, dazu habe ich auch zahlreiche Beispiele. Ein Großonkel von mir wurde Zeit seines Lebens Oskar genannt, sein Patenkind hieß Oskar und nicht einmal seine Tochter wusste, dass er im Kirchenbuch als Christoph Wolfgang eingetragen war. Sie hat es mir auch erst geglaubt, als sie die alte Familienbibel herausgekramt hatte und dort den Eintrag unter diesem Namen fand.
Ich habe aber noch etwas Verwirrenderes. Ich fand zu Beginn des 19. Jh. einige Proklamationseinträge, die Jahre (bis zu 4 Jahren) nach der Geburt des ersten Kindes datiert sind. Die Geburten sind ganz normal als ehelich mit Angabe des Vaters und der Mutter als geborene soundso eingetragen. Kein Anzeichen einer vorehelichen Geburt ist zu finden und es sind auch im gleichen Zeitraum uneheliche Geburten vermerkt. Auffallend ist, dass die Trauungen nur mit den Proklamationssonntagen und dem Jahr eingetragen sind und kein Copulationsdatum angegeben ist. Meine Vermutung geht jetzt dahin, dass der damalige Pfarrer es vielleicht mit dem Eintragen der Trauungen nicht so genau nahm und vielleicht nur fliegende Zettel produziert hat, die dann irgendjemand nicht ganz richtig sortiert und nachträglich eingeschrieben hat. Darauf deutet auch die sehr leserliche „Schönschrift“ der Einträge hin. Falls jemanden eine andere Erklärung des Phänomens einfällt: bin dankbar für jeden Hinweis.
Das Problem, dass manchmal nur sehr oberflächlich ein Geburtseintrag als der gesuchte übernommen wird, wenn der Vorname übereinstimmt, ist mir auch schon öfter begegnet. Dagegen hilft eigentlich nur immer alle Geburten, (sowie die Beerdigungen des betreffenden Zeitraums) eines Ehepaares abzusuchen. Oft gibt es ja gleichnamige Geschwister, von denen eines früh gestorben ist.
Gruß
 
Hallo u_que,

ich habe bislang noch nicht entschieden, ob Johann Henrich alias Henrich Georg, alias Georg Henrich nun mein gesuchter Jürgen Henrich ist. Ich lese derzeit das KB zum 3. Mal und suche weiterhin Hinweise irgendeiner Art, die mir dabei weiterhelfen. Ein Fragezeichen schwebt da weiterhin. Die Einträge dieser Zeit aus Bünde sind auch nicht wirklich für exakte Ahnenforschung geeignet. Da steht teilweise nur "Jüngling XY aus Dorf Z" und nicht der Ansatz zu der Frau, die er nun geheiratet hat. Und auch Beerdigungseinträge wie "der alte Goldstein" sind nicht wirklich hilfreich.
Auf Alkoholgenuss würde ich das gar nicht schieben, mir scheint es oft, als habe man der notwendigen Bürokratie irgendwie Rechnung getragen. Bisweilen wechselt mit jedem Eintrag die Schrift und lassen es aussehen, als ob die Ehepaare sich selbst eintragen durften. Ich weiß zu wenig über die Zeit, muss ich gestehen. Hatte wirklich jedes Kirchspiel einen eigenen Pfarrer, der die Gemeinde kannte? Betreute ein Pfarrer eventuell mehrere Kirchspiele? Ich weiß es nicht.
Ich bin wahrlich kein Experte. Aber aus anderen Gegenden kenne ich es anders, dort sind die Daten tatsächlich absolut verlässlich dokumentiert, keine ständig wechselnden Vornamen, die Datumsangaben sind korrekt (Beerfelden), auch in der Gegend von Ulm findet man verlässliche Einträge (wenn man vom Zweitbuch für uneheliche Kinder einer katholischen Gemeinde in der Gegend mal absieht ;-) ) Allerdings wechselte in diesen Gegend auch nicht alle paar Jahre die "Regierung", wie es in der Gegend um Bünde herum der Fall war. Vielleicht spielte auch das eine Rolle bei den Einträgen.
 
Hallo Weinberg,

ich habe aus allen KB alle Goldsteins herausgeschrieben und verarbeitet. Damit habe ich - eben bis auf den Urahn - alle Familienmitglieder erfasst und sie inzwischen in zwei Stämme aufteilen können (einer kommt erst 1800 aus Enger hinzu).

Zu deinen Geburten - ehelich oder auch nicht: stehen da nur der Name des Vaters und der der Mutter oder ist auch explizit das Kind als ehelich vermerkt? Manche Pfarrer rechneten ja und ein Kind, das 5 Monate nach der Heirat zur Welt kommt wird häufig als nicht ehelich behandelt, wenngleich der Vater das Kind anerkannt hat.

VG

 
Den Rat von Bernd, sich nicht nur auf die reine Ahnenlinie zu konzentrieren, kann ich nur unterstützen. Vielleicht noch als Zugabe, eine letzte Geburt einer Mutter sollte immer mit ca. 46 Jahren angenommen werden, was deutlich darüber ist sollte man die Familienverhältnisse gründlicher erforschen!
Den in meinem Beispiel genannten Vater der SCHULTZE samt weiterer Vorfahren etc. mußte ich noch nicht einmal streichen, nur anders zuordnen, denn es war zwar kein direkter Vorfahr mehr aber weiterhin über eine andere Linie anverwandt. Das brachte natürlich auch weiteren Erkenntnisgewinn, eventuell brauche ich das sogar später nochmal.
Zu dem Thema von Weinberg ist es natürlich auch schwer eine Ferndiagnose zu stellen. Dazu müßte man den Aufbau der Heiratseinträge zuvor und danach kennen bzw. sind diese Einträge irgendwo nachträglich dazwischen gequetscht worden!? Nicht gerade 19 Jh., aber davor habe ich bisher 2 ältere KB gehabt bei denen ich mir sicher bin das diese zwischenzeitlich nochmal neu gebunden wurden. Da tauchen dann Seiten zB. mit Einträgen von 1635 in der Zeit von 1655 auf. Belegen konnte ich dieses nur mit Hilfe des Osterrechners, da bestimmte Einträge mit Wochentagsbezeichnung und Datum nur in bestimmten Jahren vorkommen können. Ein weiterer glücklicher Umstand war dann noch das die Pastoren auch Einträge über ihre Nachbarpastoren aufnahmen und so kann man das dann auch gut nachvollziehen. Es handelt sich hierbei also vorwiegend um KB in welchen die Jahreszahl nur alle paar Seiten genannt wird. Wie dieses Beispiel zeigt, kann auch dieses ein Grund für fehlerhafte Altersberechnungen sein. Interessant wäre hier für mich nur noch wie Archion oder die Archive mit solchen Fällen umgehen würden. Lassen sie die Verfilmung so wie sie im vermeintlichen Original ist!?

VG
u_que
 
Hallo Sabine,

das mit dem Alkoholgenuss bezog sich für mich auch eher auf meine in verschiedenen Foren und Mailinglisten gemachte Beobachtung. Für mich steht aber auch fest, so kompliziert sich die Familienverhältnisse heute für mich oder jeden anderen Forscher auch erscheinen, wie kann man dann annehmen das ein Pastor das in einem Eintrag alles verarbeiten kann. Also Zweitheiraten, Stiefkinder von wem auch immer.

Alle Formen von Kirchenbüchern, wie Du sie beschreibst, sind auch mir bekannt. Hinzufügen muß ich das meine Beispiele auch nur Ausnahmen sind, die meisten Ehefrauen sind richtig dokumentiert. Ansonsten habe ich folgendes schon gesehen:
-ausführliche, in Schönschrift, komplett aber nur bis 1700; dann Pastorenwechsel = weniger Angaben
-wenige Angaben zu den Eltern, dafür aber sehr gute Patenaufzeichnungen
-neue Pfarrstellen bei den die Pastoren erst mal ein OFB über die Bewohner erstellten, mit kurzeitigen Leichenpredigten, wo genau auf die Geburten auch in anderen Orten eingegangen wurde
-Heiraten wo nur die Namen der eigenen "Schäfchen" genannt wurden
-KB die zwischendurch Lücken durch Komplettverlust eines Bandes aufweisen
-KB mit vielen Nachtragungen alá "soll um diese Zeit geboren sein wie auch Heinrichs Sohn", oder Ergänzungen aus Konfirmandenregistern
-Taufen nur mit Namen der Getauften und Paten

Insgesamt würde ich sagen, das wenn ich nicht alle KB der Gegend vorliegen hätte und ständig hier und dort nach Belegen suchen würde, hätte ich heute nach 10 Jahren intensiver Forschung vielleicht auch nur 10 % meiner heutigen Vorfahren.

Wer die KB nun wirklich schrieb, nun da bin ich auch immer nachdenklich. Manchmal sieht es für mich nach einem Küster aus, bei Verwendung von "mein Sohn" oder "ich" ist wohl vom Pastor selbst auszugehen. Wenn man bedenkt wie viele Pastoren auch heute die Bearbeitung von Anfragen lieber in ehrenamtliche Hände abgeben, warum soll das in Einzelfällen nicht auch damals schon so gewesen sein.

VG
u_que
 
Hallo,
zu meinem Problem: Die Differenz taucht über einen Zeitraum von ungefähr 1800 bis 1820 (Trauung Ende 1819,Geburt Anfang 1817; Trauung 1804, Geburt 1801…) auf. Das Traubuch beginnt schon um 1767 und läuft bis 1828. Die Geburtseinträge im Taufbuch hat der damalige Pfarrer wohl selbst geschrieben. Er hatte anscheinend ein Problem mit den Augen und schrieb sehr klein, krumm und schief und die Einträge werden mit zunehmendem Alter des Pfarrers immer schlechter. Die fraglichen Geburten sind unzweifelhaft als ehelich eingetragen (1. ehel Kind des…) Dagegen ist das Trauregister wohl von anderer Hand, sehr sauber und einheitlich in schöner leserlicher Schrift, jede Seite mit Jahreszahl und durchnumeriert und über diese ca. 20 Jahre sehr einheitlich. Daher auch meine Vermutung, dass jemand sich den Zeitraum nachträglich vorgenommen hat. Ich denke, so etwas fällt überhaupt nur auf und macht nachdenklich wenn man Kirchenbücher für ein Ortsfamilienbuch zerpflückt. Bei meinen Vorfahren tauchte das auch auf, ich hatte mir aber damals halt gedacht, dass halt eine voreheliche Geburt etwas „geschönt“ eingetragen wurde. Erst als mir das bei meinen Recherchen für ein OFB noch einige Male auffiel, wurde mir das Problem überhaupt bewusst.
@ u_que, zu Deiner Frage, wie wohl die Archive bzw. Archion damit umgehen würden. Ich denke mittel- bzw. langfristig wäre hier mit den UGC eine hervorragende Möglichkeit gegeben, solche Anmerkungen zu einzelnen KB, wenn sie auffallen, zu dokumentieren. Bei dem betreffenden KB stellt sich die Frage nicht, da es noch vor Ort im Pfarramt liegt.
@ sabine, ich würde versuchen zu dem fraglichen 1759 geborenen Johann Henrich die ganze Familie zu ermitteln. Vielleicht hatte er verheiratete Geschwister bei denen Geburten zu finden sind. Eventuell könnte man dann über Pateneinträge Zusammenhänge finden. Man könnte auch in Bünde die Trauungen durchsehen, ob dieser J. H. nicht dort geheiratet hat, dann könnte man ausschließen, dass er mit Jürgen Henrich identisch ist. Einfach übernehmen würde ich ihn nicht, höchstens mit Fragezeichen. Vermuten würde ich auch, dass es derselbe ist, aber als gesichert würde ich ihn nicht übernehmen. Dann lieber als Baustelle ruhen lassen, manchmal hilft ja Zufall und Glück irgendwann weiter.

Gruß
weinberg
 
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