Datenschutz

Wie kann es sein dass Fremdanbieter wie Geneant und Ancestry Daten aus Kirchenbücher veröffentlichen können, in den man dann sogar blättern kann. Und das aus dem Jahr 1957.
Ich zahle bei Archion meinen Monatsbeitrag und komme nicht über das Jahr 1875 hinaus. Und das aus Datenschutzgründen.
Sind wir in Deutschland eigentlich nur die Dummen?
 
Beim "Datenschutz" macht jede Landeskirche ihr eigenes Ding.
Viele deckeln ihre Angebote ab 1875/76, weil im Oktober 1874 zumindest in Preußen die Standesämter eingeführt wurden und damit die kirchlichen Handlungen ihre Rechtskraft verloren.

In Berlin-Brandenburg wird das nicht so gemacht, da sind es 90 Jahre für Taufen, 70 Jahre für Heiraten, 75 Jahre für Konfirmationen und 30 Jahre für Bestattungen. Das ist schon "immer" so, selbst als ich vor über 25 Jahren noch händisch in Berlin im Archiv gesucht habe.
 
Danke für die Antwort(y)
Das war mir nicht bekannt. Mit dieser Reglung von Berlin-Brandenburg hätte ich hier in BW einiges Geld sparen können.
Die Landeskirche in BW braucht wohl das Geld, um was anderes kann es ja nicht gehen, wenn andere Bundesländer einen
anderen Weg gehen.
Als ich vor 2Jahren mit meinem Familienstammbaum begann, und Daten von meinem Großvater (1892 geboren) wollte,
durfte ich das bezahlen. Habe eine Fotokopie vom Taufbuch erhalten. Die erwähnten Anbieter nehme ich nur zusätzlich, weil die Daten
nicht immer korrekt sind und ich sie dann bei Archion zusätzlich vergleiche. Geht bei uns aber nur "unentgeldlich " bs 1875.

Viele Grüße aus dem Schwabenland
 
Die "Deckelung" bei 1875/1876 hat -wie @baukuthi bereits geschrieben hat- mit "Datenschutz" rein gar nichts zu tun. Hier geht es einzig und allein darum, daß mit Inkrafttreten am 01.01.1876 des "Gesetzes über die Beurkundung des Personenstandes und der Eheschließung" (vom 09.02.1875)

Personenstandsgesetz - Fassung 1875

...die Kirchenbücher ihre bis zu diesem Zeitpunkt gegebene konstitutive (rechtsbegründende) Wirkung verloren haben und "nur noch" deklaratorische (rechtsbekundende) Wirkung besitzen.

Wer also ab diesem Zeitpunkt, rechtlich verbindlich / rechtswirksam Geburt, Heirat, Tod nachweisen wollte / mußte, der konnte dies nur noch anhand von entsprechenden Urkunden/Auszügen aus Personenstands- / Standesamtsregistern tun.

Fortan waren also Kirchenbücher nur noch sekundäre Quellen und die Personenstands-/Standesamtsregister die alleinigen primären Quellen.

Hierauf ziehen sich etliche deutsche Landeskirchen, übrigens egal welcher Konfession, zurück.


Mir ist keine Landeskirche und auch keine Kirchengemeinde bekannt, die ihre vollständigen(!) Kirchenbücher "bis zum Jahr 1957" auf irgendwelchen Internetportalen bereitstellt.
 
Mir ist keine Landeskirche und auch keine Kirchengemeinde bekannt, die ihre vollständigen(!) Kirchenbücher "bis zum Jahr 1957" auf irgendwelchen Internetportalen bereitstellt.
Hm, vollständig heißt wahrscheinlich - nur um die Einträge gekürzt, die aufgrund der "allgemeinen" Schutzfristen (die für all diese Quellen gelten?!) nicht gezeigt werden dürfen. Ich hätte da ein KB mit Sterberegister-Einträgen bis zum 14.08.1984, Trauungen bis 8.9.1951 und Taufen bis 16.9.1914 hier auf Archion.

Gruß, Oliver
 
Hm, vollständig heißt wahrscheinlich - nur um die Einträge gekürzt, die aufgrund der "allgemeinen" Schutzfristen (die für all diese Quellen gelten?!) nicht gezeigt werden dürfen. Ich hätte da ein KB mit Sterberegister-Einträgen bis zum 14.08.1984, Trauungen bis 8.9.1951 und Taufen bis 16.9.1914 hier auf Archion.

Gruß, Oliver
da sind nach Brandenburger Kirchenarchivrecht z. B. alle Fristen ok. "Allgemeine" Schutzfristen gibt es nicht. Die vermutlich gemeinten gelten für Standesamtsbücher und dazu gehörige Beiakten. Personalakten u. ä. haben wieder andere Schutzrechte.
 
Werde mich mal an unsere Landeskirche wenden und anfragen, aus welchem Grund sie nicht die Regelung von Berlin Brandenburg übernehmen können.
Werde die Antwort dann weiterleiten.
 
Hm, vollständig heißt wahrscheinlich - nur um die Einträge gekürzt, die aufgrund der "allgemeinen" Schutzfristen (die für all diese Quellen gelten?!) nicht gezeigt werden dürfen. Ich hätte da ein KB mit Sterberegister-Einträgen bis zum 14.08.1984, Trauungen bis 8.9.1951 und Taufen bis 16.9.1914 hier auf Archion.

Gruß, Oliver

OK, ich hätte präzise sagen müssen, was ich in diesem Zusammenhang unter "vollständig" verstehe. (y) Sorry.

"vollständig" heißt: alle verzeichneten Geburten/Taufen, alle verzeichneten Heiraten und alle verzeichneten Todesfälle/Begräbniseinträge bis 1957.

Im von Ihnen genannten Beispiel ist das "vollständige KB" nur bis zum 16.09.1914 online. ;)
 
....

Mir ist keine Landeskirche und auch keine Kirchengemeinde bekannt, die ihre vollständigen(!) Kirchenbücher "bis zum Jahr 1957" auf irgendwelchen Internetportalen bereitstellt.
Mir sind einige bekannt (kann aus dem Stehgreif nicht ganz genau sagen wieweit, aber 30er, 40er, 50er Jahre auch für Taufen), aber das werde ich aus verständlichen Gründen nicht breittreten...
 
Dies sind die deutschen Schutzfristen:

Standesamtsregistern:
für Geburtsregister 110 Jahre
für Heiratsregister 80 Jahre
für Sterberegister 30 Jahre

Kirchenbüchern:
für Taufbücher 90 Jahre
für Konfirmandenregister: 75 Jahre
für Traubücher: 70 Jahre
für Bestattungsbücher: 10 Jahre

katholischen Kirchenarchive:
für Taufbücher: 120 Jahre
für Trauungsbücher: 100 Jahre nach Trauung
für Sterbebücher: 40 Jahre nach Tod
 
Nach meiner Erfahrung hält sich Ancestry an diese Fristen. Archion könnte theoretisch wesentlich mehr Daten veröffentlichen, kann es aber wohl nicht, da die entsprechenden Kirchenbücher noch nicht digital vorliegen.
 
Auch wenn man es so immer wieder liest, ist das Wort "Schutzfrist" in puncto Personenstandsregister leider falsch / zumindest ungenau. Tut mir sehr leid - sorry. :cool:

Richtig ist stattdessen: Fortführungsfrist

Quelle: § 5 Personenstandsgesetz (PStG) - in § 5, Abs. 5 findet man die vorstehend genannten Fristen.

 
Nein - diese sind bis 1912 aufgeführt - die Trauungen bis 1952. Mmmh.... in einem anderen KB, das weit über 1912 noch vor 2 Jahren einsehbar war, sind die Sterbeeinträge danach nicht mehr vorhanden. Keine Ahnung, warum.
 
Hier die Antwort die ich auf folgende Frage erhalten habe:
In Berlin-Brandenburg wird das nicht so gemacht, da sind es 90 Jahre für Taufen, 70 Jahre für Heiraten, 75 Jahre für Konfirmationen und 30 Jahre für Bestattungen.

Meine Frage:
Warum kann diese Regelung bei der Evangelischen Landeskirche in Württemberg nicht angewandt werden?

haben Sie vielen Dank für Ihre Anfrage. In § 15 Abs. 4b der württembergischen Archivordnung heißt es: „Die seit dem Inkrafttreten des Personenstandsgesetzes am 1. 1. 1876 geführten Kirchenbücher dienen ausschließlich der Ermittlung kirchlicher Amtshandlungen.“ Deshalb können wir derzeit keine Kirchenbücher nach 1875 online bereitstellen. Dass diese Daten womöglich anderswo verfügbar sind, entbindet uns nicht davon, uns an die Archivordnung zu halten. Der ursprüngliche Sinn der Regelung war wohl der, dass mit Ende 1875 die Kirchenbücher ihren Charakter als Standesregister verlieren. Danach sind für diese Fragen die staatlichen bzw. kommunalen Behörden zuständig.

Einer Rechtsänderung steht das Landeskirchliche Archiv aufgeschlossen gegenüber. Entsprechende Vorschläge sind bereits in Bearbeitung. Sobald es uns rechtlich möglich ist, werden wir gerne weitere Kirchenbücher online zur Verfügung stellen.
 
Einer Rechtsänderung steht das Landeskirchliche Archiv aufgeschlossen gegenüber. Entsprechende Vorschläge sind bereits in Bearbeitung. Sobald es uns rechtlich möglich ist, werden wir gerne weitere Kirchenbücher online zur Verfügung stellen.
Das hört sich ja sehr gut und vielversprechend an!
Es wäre wirklich sehr begrüßenswert, wenn die württembergische Archivordnung hier den Schutzfristen nach allgemeiner Rechtslage bezüglich des Datenschutzes angepasst werden könnte.
Zweck und Ziel und Aufgabe eines Archivs ist es doch, historische Originale zu bewahren und auch der interessierten Öffentlichkeit und der Forschung zur Verfügung zu stellen. Was in Form von Digitalisaten (und im Falle der angesprochenen württembergischen Kirchenbücher sogar bereits erstellten, jedoch bei archion "gesperrten Daten") ja besonders niederschwellig und originalschonend online möglich ist.
Gerade unter diesen Aspekten ist eine Archivordnung, die eigene Zeiträume für Datenveröffentlichungen definiert und festmacht am Verlagerungszeitpunkt der Zuständigkeiten für offizielle rechtsverbindliche Beurkundungen (siehe der Verweis auf die Einführung kommunaler bzw. staatlicher Personenstandsregister) nicht mehr zeitgemäß und nicht vermittelbar.
 
Dem kann ich mich nur anschließen,
und möchte mich hiermit bei allen Beteiligten bedanken die mir mit ihren Kommentaren weitergeholfen haben. (y)
 
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