8 Gründe gegen diesen Gevatter

http://www.archion.de/p/d2edbcc29e/

Liebes Forum,
zur Taufe des kleinen Johann Philipp Wilhelm schreibt der Pfarrer ein Nota Bene, das fast eine gesamte Kirchenbuchseite füllt. Zwar gehört dieses Kind nicht zu meiner Familie, aber wenn nun schon mal der Blick darauf fällt und der Pfarrer so wunderbar argumentiert ... Besonders die Punkte 4 und 7 haben es mir angetan. Dies ist eigentlich ein "gemischter Post" - teils interessanter Fund, teils Bitte um Lesehilfe. Der Text ist sehr lang und ich schicke gleich voraus, dass ich keinesfalls erwarte, dass ein Helfer alle Lücken füllen kann/will/soll. Aber vielleicht hat der/die eine oder andere Spaß an der Lektüre und kann etwas beisteuern -- jede Hilfe ist willkommen!
Viele Grüße, Ulrike


NB. Dieses Kindes Vater war gesonnen den Philip bey der Linden
//der ??)sten krechtsmann ?? alhier //
zu Gevatter zu bitten,
welches Ihm von unß ist verweigert worden; darumb

1. weil er ein Ruchloser Mann, der in Ungehorsamkt u. Widerspenstigk. // wider die Kirche hier // nun
fast anderthalb jahr gelebt, in dem Er unsrer Kirche gemitten [gemieden?], den
Pfarrer u. Caplan, wie auch andere alle Glieder unserer Kirche gelästert u. (??)
geflucht biß auf den heutigen tag: wie außer dem Er auf Weynachten in 2 jahren nicht
ist zum H. Abendmahl (gewesen ?).

2. und darumb, weil G[ott] ? ( ??) eines ruchlosen, gottlosen Mensch(en) Gebet ein
Greuel ? hatt. sten-lich ??

3. weil Er selbst den Bund, den Er mit G[ott] durch die H. Tauffe ge-
machet hatt, nicht hält, wie kann er dann Zeuge dieses Kindleins
seyn u. an desselben statt einen Bund mit G[ott] aufrichten?

4. weil die H. Dreyfaltigk., (ein – durchgestrichen?) die bey der // Einschub: ha..ert ?? // H. Tauffe zugegen ist u.
die H. Engel einen solchen ärgerlichen Menschen bey der H. Tauffe nicht auf-
[..] wollen.

5. weil die papisten selbst diejenigen zur Gevatterschafft bey Ihnen nicht
zulassen, welche im jahr einmahl nicht seynd zum Nachtmahl ?
gewesen; darumb denn der papistische pfarrer alhier sich an seiner Zu-
lassung ärgern würde.

6. da diese ganze Gemeine jung u. alt, so Er hoch geärgert hatt
mit seiner Ruchlosigkeit, Widerspenstigk. f. f. [= usw. usw. ??] würde durch seine
Zulassung nicht wenig geärgert u. betrübet werden.

7. zu dem so würde Philip von der Linde wenn er hierzu solte
zugelassen werden, wailen seiner bösen Gewohnheit nicht wenig
trüumphiren u. dennoch dardurch nicht besserer, sondern
nur noch böserer werden.

8. Endlich so würde es Ihm, dem Vater selbst keine Ehre seyen, dass ?
da jederman // alte u. junge // in Anstehung ? seiner Widerspenstigkeit f. [=usw.?] Ihn mei-
det u. fliehet, er nun mit Ihm eine desto nähere freundschafft
wolle aufrichten, u. in den Verdacht gerahten: alß fiehle Er Ihm bey in seinem
Ungehorsam u. Widerspenstigk. u. wolte (??) werden. Diese
Ursachen u. Notirung ? haben nun den Vater dieses Kindes zu einem anderen Sinn
bewogen, also dass Er den H. Diaconum alhier zur Gevatterschafft gebeten.
 
einleitender Text:

Knechtsmann


zu 1.

....u. thenen
gefluchet....

...zum H. Abendmahl gewesen.



Philip bey der Linden hatte einen Hof in Neuenhain, der "des Hofes" war.

(Wenn ich es noch richtig im Kopf habe, wurden (mindestens) die (frühen) Kirchenbücher von Kronberg, Neuenhain, Altenhain... bereits von den langjährigen Spezialisten vor Ort transliteriert. Sollte es für Sie von Interesse sein, kann ich Ihnen gerne einen Kontakt herstellen, man muß das Rad ja nicht doppelt erfinden.)
 
einleitender Text:

Knechtsmann


Philip bey der Linden hatte einen Hof in Neuenhain, der "des Hofes" war.

(Wenn ich es noch richtig im Kopf habe, wurden (mindestens) die Kirchenbücher von Kronberg, Neuenhain, Altenhain... bereits von den langjährigen Spezialisten vor Ort transliteriert. Sollte es für Sie von Interesse sein, kann ich Ihnen gerne einen Kontakt herstellen, man muß das Rad ja nicht doppelt erfinden.)

zu 1.

....u. thenen
gefluchet....

...zum H. Abendmahl gewesen.
Dieses
zu 4.
...
bey der H. Tauffe nicht dul-
den wollen.
Vielen Dank für die Hilfen und ja, über eine Kontaktvermittlung würde ich mich natürlich sehr freuen!!
:) Ulrike
 
unter 1. statt "thenen" vielleicht eher "Ihnen" -- der erste Buchstabe ist ähnlich wie bei "Ihm" an verschiedenen Stellen.
 
einleitender Text:

Knechtsmann


zu 1.

....u. thenen
gefluchet....

...zum H. Abendmahl gewesen.



Philip bey der Linden hatte einen Hof in Neuenhain, der "des Hofes" war.

(Wenn ich es noch richtig im Kopf habe, wurden (mindestens) die (frühen) Kirchenbücher von Kronberg, Neuenhain, Altenhain... bereits von den langjährigen Spezialisten vor Ort transliteriert. Sollte es für Sie von Interesse sein, kann ich Ihnen gerne einen Kontakt herstellen, man muß das Rad ja nicht doppelt erfinden.)
Kleiner Nachfasser - ohne Stress, nur damit es nicht vom Radar verschwindet. Ich würde mich sehr freuen über den Zugang zur Transliteration der Kirchenbücher von Neuenhain u.a. Viele Grüße, Ulrike
 
Kleiner Nachfasser - ohne Stress, nur damit es nicht vom Radar verschwindet. Ich würde mich sehr freuen über den Zugang zur Transliteration der Kirchenbücher von Neuenhain u.a. Viele Grüße, Ulrike

Wider Erwarten kann ich Ihnen -zu meinem ausdrücklichen, großen Bedauern- den entsprechenden Kontakt nicht herstellen. Es tut mir sehr leid, ist aber nicht zu ändern.

Was Ihnen vielleicht grundsätzlich weiterhelfen könnte, um sich mit den Gegebenheiten der Geschichte von Neuenhain etwas mehr vertraut zu machen, ist die entsprechende Chronik von Otto Raven aus dem Jahr 1971

Chronik Neuenhain Otto Raven

(ein Auszug daraus)

BG, Vera
 
Hallo Vera,

ich schließe daraus, dass die Transliteration nicht veröffentlicht wurde - schade, aber haben Sie vielen Dank für den Versuch! Danke auch für den Hinweis auf die Chronik von Otto Raven und den Auszug daraus.

Vielleicht lassen sich ja auch ohne die Transliteration noch einige der in meiner ursprünglichen Anfrage markierten Lücken schließen - wenn nicht, war es auch da den Versuch wert :).

Vielen Dank und Grüße,
Ulrike
 
Liebes Forum,
ich starte nochmal einen Versuch, speziell für die Abschnitte 2 und 4 - vielleicht hilft ja ein frischer Blick darauf (der hat mir in Abschnitt 2 zur Idee "solch" verholfen ... ). Die freundlich vorgeschlagenen Korrekturen sind hier eingearbeitet. Vielen Dank fürs (nochmalige) Anschauen und Grüße, Ulrike

NB. Dieses Kindes Vater war gesonnen den Philip bey der Linden
//der ??)sten Knechtsmann alhier //
zu Gevatter zu bitten,
welches Ihm von unß ist verweigert worden; darumb

1. weil er ein Ruchloser Mann, der in Ungehorsamkt u. Widerspenstigk. // wider die Kirche hier // nun
fast anderthalb jahr gelebt, in dem Er unsrer Kirche gemitten [gemieden?], den
Pfarrer u. Caplan, wie auch andere alle Glieder unserer Kirche gelästert u. Ihnen
geflucht biß auf den heutigen tag: wie außer dem Er auf Weynachten in 2 jahren nicht
ist zum H. Abendmahl gewesen.

2. und darumb, weil G[ott] an solch? eines ruchlosen, gottlosen Mensch(en) Gebet ein
Greuel ? hatt. sten-lich ??

3. weil Er selbst den Bund, den Er mit G[ott] durch die H. Tauffe ge-
machet hatt, nicht hält, wie kann er dann Zeuge dieses Kindleins
seyn u. an desselben statt einen Bund mit G[ott] aufrichten?

4. weil die H. Dreyfaltigk., (ein – durchgestrichen?) die bey der // (??) // H. Tauffe zugegen ist u.
die H. Engel einen solchen ärgerlichen Menschen bey der H. Tauffe nicht dul-
den wollen.

5. weil die papisten selbst diejenigen zur Gevatterschafft bey Ihnen nicht
zulassen, welche im jahr einmahl nicht seynd zum Nachtmahl (=Abendmahl?)
gewesen; darumb denn der papistische pfarrer alhier sich an seiner Zu-
lassung ärgern würde.

6. da diese ganze Gemeine jung u. alt, so Er hoch geärgert hatt
mit seiner Ruchlosigkeit, Widerspenstigk. f. f. [= usw. usw. ??] würde durch seine
Zulassung nicht wenig geärgert u. betrübet werden.

7. zu dem so würde Philip von der Linde wenn er hierzu solte
zugelassen werden, wailen seiner bösen Gewohnheit nicht wenig
trüumphiren u. dennoch dardurch nicht besserer, sondern
nur noch böserer werden.

8. Endlich so würde es Ihm, dem Vater selbst keine Ehre seyen, dass ?
da jederman // alte u. junge // in Ansehung ? seiner Widerspenstigkeit f. [=usw.?] Ihn mei-
det u. fliehet, er nun mit Ihm eine desto nähere freundschafft
wolle aufrichten, u. in den Verdacht gerahten: alß fiehle Er Ihm bey in seinem
Ungehorsam u. Widerspenstigk. u. wolte (st? S?? ) werden. Diese
Ursachen u. Notirung ? haben nun den Vater dieses Kindes zu einem anderen Sinn
bewogen, also dass Er den H. Diaconum alhier zur Gevatterschafft gebeten.
 
Ich biete diese Interpretation an:

//der ??)sten Knechtsmann alhier //
=
den vornembsten Gerichtsmann alhier (vgl. G von Greuel beim zweiten Grund)

die bey der // (??) // H. Tauffe
=
die bey dem (durchgestrichen, eingeschoben: Sacrament) der H. Tauffe

der papistische pfarrer alhier
=
der papistische pfarrh(err)

. f. f. [= usw. usw. ??]
ich lese da Ec Ec und interpretiere das als etc. etc., desgleichen auch bei
Widerspenstigkeit f. [=usw.?] Ihn mei-
 
Sakrament, was habe ich über diesem Wort gebrütet! Auch die weiteren Vorschläge finde ich plausibel - herzlichen Dank dafür!
:) Ulrike
 
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