Für mich ist allerdings mehr das Wetter in Süddeutschland interessant, da das Jahr ohne Sommer anscheinend der letzte Anstoß für einige meiner Vorfahren war, nach Amerika auszuwandern.
Das Jahr ohne Sommer und die Auswanderungen lassen sich doch nicht nur auf das Wetter zurückführen.
Ursache war u.a. der Vulkanausbruch Tambora auf der indonesischen Insel Sumbawa tonnenweise Magma, Staub und Asche bis zu 15 Kilometer hoch in die Atmosphäre. Der Himmel verdunkelt. Die Folgen der riesigen Eruption im April 1815 sind verheerend: Ernten verderben, viele Nutztiere verenden, für die Menschen kommt es in den Jahren 1816/17 zur schlimmsten Hungersnot des 19.Jahrhunderts.
Der Hunger, die Verzweiflung der Menschen, die sprunghaft ansteigenden Lebensmittelpreise und die vielen Entlassungen in Betrieben haben für eine explosive Mischung gesorgt. Es stand schon länger schlecht um die Landwirtschaft im Schwabenland. Unstrukturiert, unterentwickelt und das Land geschwächt durch die Napoleonischen Kriege, konnte das Bevölkerungswachstum kaum ausgeglichen werden. Als dann noch der Tambora ausbrach und sich auch im 12.000 Kilometer entfernten Europa der Himmel verdunkelte, suchten viele Menschen ihre Rettung in der Flucht nach Russland oder in die Neue Welt.
Mit dieser sozialen Katastrophe war nun ein Königspaar konfrontiert, das erst gerade auf den Thron gelangt war: Wilhelm I. von Württemberg und Catharina Pawlowa. Catharina bot den Menschen Hilfe zur Selbsthilfe an, anstatt sie nur mit Almosen abzuspeisen.
Sie gründete auch den Wohltätigkeitsverein (Vorläufer des heutigen Wohlfahrtswerks Baden-Württemberg), eine Armensparkasse (die heutige Landesbank Baden-Württemberg), ein Mädchen-Erziehungsinstitut (das heutige Königin-Katharinen-Stift) und sie plante die Gründung des späteren Katharinenhospitals. Sie wirkte auch bei der Einrichtung des Landwirtschaftlichen Vereins in Württemberg und bei der Gründung der landwirtschaftlichen Unterrichts-, Versuchs- und Musteranstalt, der heutigen Universität Hohenheim mit. Auch eine Einrichtung zur Gewerbeförderung geht auf die Königin zurück.
Nur drei Jahre - bis zu ihrem Tod 1819 - regierte Catharina als Königin über Württemberg, doch ihr Einsatz in der Krise veränderte das Land maßgeblich. Die von ihr gegründeten oder erdachten Einrichtungen dauerten nicht nur bis zur Entspannung der Notlage mit der guten Ernte des
Jahres 1817 an, sondern sind bis heute wirksam. --
Aus der Ludwigsburger Kreiszeitung:
Vor 200 Jahren brach in Indonesien der Vulkan
Tambora aus, daraufhin wanderten aus unserer Region viele Menschen aus. In den beiden folgenden Jahren spielte die Natur verrückt, als Konsequenz mussten Mensch und Tier Hunger leiden. Aber erst 1920 fanden amerikanische Klimaforscher heraus, dass der Ausbruch dieses Vulkans hauptsächlich für die Abkühlung des Klimas verantwortlich war. Der
Tambora war 1815 explodiert und schleuderte Millionen von Tonnen Asche und Schwefelsäure in die Luft. Das veränderte das Klima für Jahre - weltweit.
Dabei hatte das 19. Jahrhundert gut angefangen. 1811 war ein prächtiges Jahr für die Landwirte und Weinbauern. Es sollte die beste Ernte des gesamten Jahrhunderts eingefahren werden. Im Jahr 1816 stand dann das schlimmste Jahr vor der Tür - in Süddeutschland, der Schweiz und im Elsass. Es war ein "Jahr ohne Sommer". Wegen der gesunkenen Temperaturen kam es zu Unwettern und damit zu katastrophalen Missernten. Die Getreidepreise stiegen um das zwei- bis dreifache. Das konnten sich in den Provinzstädtchen im armen Württemberg, die meisten Leute kaum leisten. - Auch das Vieh hatte nichts mehr zum Fressen, denn die Heuernte fiel sehr schlecht aus. Im Bietigheimer Wetterbericht heißt es: "1816 ersoff bei dem immerwährenden Regen. Die Gerste und der Weizen gerieten nicht. Die Heuernte war Ende Juli und die Fruchternte Ende August. Das Vieh musste zum Teil notgeschlachtet werden, da es kein Futter gab. Die Menschen verwendeten Stroh, Kleie und Baumrinde um damit Brot zu backen. Um Getreide kaufen zu können, mussten viele einen Teil ihres Besitzes verkaufen.
Im Jahr 1815 stieg die Zahl der Auswanderer in Bietigheim sprunghaft an. Es sind 1815 nur 2 Menschen verzeichnet, die ihrer schwäbischen Heimat für immer den Rücken kehrten. 1816 waren es 18 Auswanderer und im folgenden Jahr 52. Die Hungersnot und die Missernten im Südwesten lösten somit den ersten Emigrationsstoß im 19. Jahrhundert aus.
Besonders betroffen waren Bauern und Weingärtner. In Bietigheim und Metterzimmern sind zwischen 1816 und 1818 insgesamt 41 Bauern und 32 Wengerter ausgewandert. Dabei ging es nicht immer in Richtung Nordamerika. Nach dem der russische Zar ganz aktiv um deutsche Auswanderwillige geworben hatte, kam es auch zur großen Auswanderungswelle in Richtung Südrussland.
Danach wurde es wieder ruhiger. Im Bietigheimer Wetterbericht von 1818 ist vermerkt: "Es regnete fast 3 Monate ununterbrochen. Danach kam eine Trockenperiode. Weizen und Wein gerieten gut."
Die nächste Auswanderungswelle fand 30 Jahre später statt. Damals war der Hunger nach Freiheit und die damit verbundene
Revolution von 1848 der Auslöser.